Der Schüler Orkan (re) mit seiner Praktikumsbetreuerin Manuela Hanke (li), Lehrerin Lehnen (Mitte) - Foto: rbb Inforadio/Gabriele Heuser

Nahaufnahme vom 29.11.2013 - Sekundarschule im Praktikum - Das letzte Jahr der 10d

Die Berliner Röntgenschule will Schülerinnen und Schülern den Übergang in die Berufswelt erleichtern. Deshalb können sie sich in der 10. Klasse im zweiten Betriebspraktikum in einem konkreten Berufsalltag testen. Eine Reportage von Gabriele Heuser.

Die Röntgenschule, die Inforadio seit der Einführung der Sekundarschule in Berlin begleitet, ist eine d e r Schulen, die sehr viel Wert darauf legen, den Schülerinnen und Schülern den Übergang in die Berufswelt zu erleichtern. Deshalb bekommen sie jetzt in der 10. Klasse noch einmal in einem zweiten Betriebspraktikum die Chance, vorübergehend in einen konkreten Berufsalltag einzutauchen. Inzwischen sind die meisten der nun 15- und 16-Jährigen reifer geworden und kommen besser klar als noch im ersten Praktikum in der 9. Klasse. Zusammen mit den betreuenden Lehrern hat Gabriele Heuser wieder einige aus der 10d an ihrem Arbeitsplatz besucht.

Hort der Sonnengrundschule Neukölln
Kinderhort - Foto: rbb-Inforadio/G. Heuser

Betriebspraktikum im Hort

Esma und Zara machen ihr zweites Betriebspraktikum im Hort der Sonnengrundschule in Neukölln, und die temperamentvollen Kinder halten sie dort richtig auf Trapp. Sie ist regelrecht geschafft am Ende des Tages, sagt Esma: "Die Kinder sprechen einfach dazwischen, unterbrechen andere, rennen auf dich zu. Die melden sich nicht, die kommen einfach auf dich zu und dann bist du halt überfordert und das bringt einen schon zum Verzweifeln - und ist sehr anstrengend."

Wenn sie nach Hause kommt, muss sie sich erst einmal zwei Stunden erholen. Auf Dauer wäre das nichts für sie, deshalb lautet das Fazit dieses Praktikums für Esma: "Also dass ich auf gar keinen Fall Lehrerin einer Grundschule sein möchte, aber es hat jetzt nicht gezeigt, dass ich nicht in einer Oberschule unterrichten möchte."

Und wenn sie ihre beiden Praktika im Urbankrankenhaus und im Hort vergleicht, heißt das im Moment für ihre spätere Berufswahl - Esma: "Ich möchte halt schon in den Bereich Medizin, aber halt nicht Krankenpflegerin, mehr so Gynäkologin oder so, aber den Beruf Lehrerin würde ich mir auch so durch den Kopf gehen lassen. Aber ich muss noch sehr viel nachdenken."

Die Schülerin Zara beim Betriebspraktikum in einem Hort - Foto: rbb-Inforadio G. Heuser
Zara mit Kindern im Hort Sonnenblume

Mit kleinen Kindern ist es angenehmer als mit Hotelgästen

So geht es wohl auch Mitschülerin Zara. Das zierliche Mädchen mit den langen, dunklen Haaren scheint allerdings richtig aufzublühen in ihrem zweiten Praktikum hier im Hort der Grundschule: "Also es gefällt mir, ich finde es schön so einen Eindruck zu bekommen wie es ist, mit kleinen Kindern umzugehen - schöner als im Hotel, da hatte ich nur mit älteren Menschen zu tun, mit Gästen eben."

Frau Lehnen ist an diesem Mittag gekommen, um sich bei der Hortleiterin, Marion Kunz, zu erkundigen, wie sich die beiden denn bewährt haben im Arbeitseinsatz.

Frau Lehnen: "Gibt es irgendwas zu sagen? Was sind die positiven Seiten, was vielleicht die nicht so guten?"
Frau Kunz: "Ich kann erst mal nur etwas über Zara sagen: Sie ist ein sehr ruhiges, zurückhaltendes Mädchen, aber sehr hilfsbereit, sieht die Arbeit, sie ist einfach für den Job brauchbar. Ich würde Zara blindlings so nehmen wie sie ist: Sie schaut und hat einen Rundumblick ..."
Frau Lehnen: "Ja - sie übernimmt auch Verantwortung - wie sie gerade hier aufsprang und sagte, ich muss jetzt hierüber weil ich mich kümmern muss."
Frau Kunz: "Ja, sie übernimmt Verantwortung. Wir machen immer den Zwieback für die Kinder, dann fragt sie nett und höflich und alles. Brauchbar, richtig brauchbar."
Frau Lehnen: "Das freut mich."
Frau Kunz: "Sie ist niedlich,hat so eine nette und charmante Art."
Frau Lehnen: "Ja, das stimmt."

Besser kann eine Beurteilung wohl nicht ausfallen. Also ein voller Erfolg, dieses Praktikum, so scheint es.

Der Schüler Ogushan beim Betriebspraktikum in der Berliner Firma Atotech - Foto: rbb Inforadio, G. Heuser
Ogushan bei der Firma Atotech

Oberflächenbeschichter bei Atotech

Ähnlich sieht es aus bei Ogushan. Auf der Berufemesse "Vocatio" im Juni hatte der ruhige Junge mit den großen braunen Augen Kontakt geknüpft zur Firma Atotech in Berlin Moabit. Dort ist es ganz ruhig, denn hier werden Leiterplatten gefertigt und neue Oberflächenbeschichtungen für dekorative oder funktionelle Zwecke entwickelt.

Für den Besuch im Labor müssen besondere Schutzmaßnahmen sein, Ogushan trägt einen Laborkittel und Augenschutz.
Ogushan: "Das sind jetzt die Bäder, von denen er erzählt hat."
Lehrer Bachmann: "Ach so der Reducer, Cleaner und so weiter."
Ogushan: "Der Reducer steht dahinten - das Kupferbad hier."

Stolz zeigt der Zehntklässler seinem Lehrer Detlef Bachmann die verschiedenen Tauchbecken für die jeweiligen Bäder im Beschichtungsvorgang, sein Betreuer im Betrieb, Stefan Kempa, ergänzt seine Erklärungen.

Im Nebenraum hat Ogushan in der zweiten Praktikumswoche die Reißtests der Beschichtungen ausgewertet. Die Zugmaschine ist mit einem Computer verbunden, erklärt er seinem Lehrer.

Ogushan: "Hier kann man die Geschwindigkeit einstellen …"
Lehrer Bachmann: "Und dann zieht der dann praktisch …"
Stefan Kempa: "Mit einer definierten Geschwindigkeit wird das hochgezogen und dann wird die Kraft gemessen ..."

Ogushans Lehrer ist beeindruckt und im Gespäch mit Dr. Kempa stellt sich sogar heraus, dass es noch mehrere Ausbildungsplätze in der Firma für das kommende Jahr gibt, auf die er sich bewerben könnte für die Ausbildung zum Chemielaboranten - die ist weniger handwerklich orientiert als die zum Oberflächenbeschichter. (...)

Der Schüler Orkan bei seinem Betriebspraktikum bei der Herstellung von frischer Bio-Pasta - Foto: rbb Inforadio/Gabriele Heuser
Orkan stellt frische Bio-Pasta her

Hotel- und Gastgewerbe für Orkan

Richtig gut gelaufen ist es diesmal auch bei Orkan, nachdem er zuerst enttäuscht darüber war, dass ihm das KaDeWe kurzfristig abgesagt hatte. Ihn besuchen wir im Schlossstraßen-Center in Steglitz, wo er im Untergeschoss frische Bio-Pasta hergestellt und als gesundes Fastfood an Kunden verkauft hat. Sein Praktikum hat ihm sehr gut gefallen, berichtet er seiner Lehrerin, Frau Lehnen und auch seine Ansprechpartnerin im Betrieb, Manuela Hanke, hat sich gut um ihn gekümmert.

Orkan:
"Es hat mir Spaß gemacht - ich hab’ gelernt, wie man frische Pasta macht, und sie hat mir auch Organisatorisches gezeigt. Wir waren in der Metro, haben dort eingekauft und da habe ich auch gesehen, worauf sie so achtet."
Manuela Hanke:
"Er wurde in alle Arbeitsschritte eingewiesen, somit hat er auch immer direkten Kontakt zu den Gästen gehabt und sie auch beraten (...)"
Frau Lehnen:
"Ergäbe sich aus deinen Erfahrungen ein Beruf für dich? Zum Beispiel Koch?"
Orkan:
"Ja, vielleich Koch oder Kochmanager …"
Manuela Hanke:
"Ich denke, Hotel und Gastgewerbe wäre auch nicht schlecht. Wir sprachen auch gestern darüber, dass er vielleicht eine Kochlehre macht oder sich ein renommiertes Hotel aussucht, weil ihm damit einfach alle Wege offen stehen: Hotelmanager oder so was in der Richtung. Ich denke, die Ziele hat er sich gesteckt und ich konnte da auch schon Potential entdecken. Ansonsten muss ich sagen: Er ist ein sehr fleißiger und sehr, sehr freundlicher - auch kundenorientierter - junger Mann. Er hat das ganze Team verzaubert, weil er so freundlich und zuvorkommend ist."

Auch von diesem Praktikum ist Klassenlehrerin Gabriela Lehnen postiv überrascht, auch, weil sich offenbar inzwischen die Betriebe mehr Mühe geben mit den Praktikanten.

Frau Lehnen:
"Vielleicht ist das der Grund, dass der Nachwuchs fehlt, und man doch merkt, dass man sich doch jetzt mal ein bisschen um die Jugendlichen kümmern und ihnen vielleicht auch ein bisschen was bieten muss. Deswegen haben wir auch diese sehr guten Abschlussgespräche gemacht. Das habe ich noch nie so gehabt. (...)"

Die Schülerin Zara beim Betriebspraktikum in einem Hort, Foto: rbb-Inforadio, G. Heuser
Zara im Kinderhort Sonnenblume

Entscheidung gegen das Herz

Doch nicht jede positive Erfahrung im Praktikum führt dann am Ende auch dazu, in diese Richtung weiterzugehen. Bestes Beispiel dafür ist Zara. Obwohl es ihr im Hort besser gefallen hat als in ihrem ersten Praktikum im Hotel, zögert sie, den Beruf der Erzieherin zu wählen.

Zara:
"Ich weiß nicht so genau - es ist schon viel Stress. Ich will eher Bürokauffrau werden, weil ich doch besser alleine als mit anderen arbeiten kann. Ich glaube, das ist eher mein Traumjob".

Wie es weiter geht bei unseren 10. KLässlern auf dem Weg in den Berufsalltag?

Fortsetzung folgt.