Die Schüler der Klasse 8 d der Röntgenschule bei der Präsentation ihres Projekts ... - Foto: rbb Inforadio/Gabriele Heuser
Audio: Inforadio | 18.06.2014 | Sylvia Tiegs

Sekundarschulen setzen eigene Profile - "Das ist irgendwie schon cooler"

Vor vier Jahren wurden in Berlin die Haupt-, Real- und Gesamtschulen abgeschafft - und zu Sekundarschulen umgebaut. Eine ganz wichtige Idee der Reform war, dass die Sekundarschulen eigene Profile entwickeln und Schwerpunkte setzen. Und da gibt es ganz unterschiedliche Ideen und Konzepte. Sylvia Tiegs hat genauer hingeschaut

Auf den ersten Blick scheint die "Schule am Schloss" eine Sekundarschule wie so viele in der Stadt zu sein: 400 Schüler, zwei Drittel mit Migrationshintergrund. 60 Prozent haben Eltern mit einem so niedrigen Einkommen, dass sie ihre Bücher nicht selbst bezahlen müssen. Wie können wir all diese Kinder aus diesem gemischten Umfeld für unsere Schule begeistern, fragte sich Schulleiter Thorsten Pfaff. Und fand eine Antwort: "Wir setzen da an, wo die Stärken sind."

Heißt: Thorsten Pfaff fragt jeden neuen Siebtklässler, der sich bei ihm anmelden will, als erstes nach seinen Interessen. Denn die "Schule am Schloss" bildet ihre Klassen nicht nach Leistung, sondern nach Profilen aus sechs verschiedenen Fachbereichen: Musik, Sport, Sprachen, Gesellschafts- oder Naturwissenschaften. Und: Wirtschaft/Arbeit/Technik.

Eine Lehrerin unterrichtet eine Gitarrengruppe in einer Musikschule (Bild: imago)
Einfach den ganzen Tag mal Musik machen

Konzentration auf das, was man am besten kann

Letzteres hatte sich die 13jährige Anna-Maria vor einem knappen Jahr hier ausgesucht:  "Es ist besser, als ich mir das vorgestellt habe. Macht viel mehr Spaß, als ich gedacht habe."  Einen ganzen Tag in der Woche können sich die Schüler mit ihren Klassenlehrern voll auf ihr Profilfach konzentrieren: im Fachunterricht und im Rahmen größerer Projekte. Anna-Maria und ihre Mitschüler in der "Schule am Schloss" lernen also auf vielfältigste Weise auf Gebieten, die ihnen liegen. Achtklässler Titus hat Gesellschaftswissenschaften als Profil. Darum wird er von Freunden auf anderen Schulen manchmal sogar beneidet:  "Die sagen, dass das irgendwie schon cooler ist, da lernt man viel fixierter auf ein Thema."

Schulleiter Thorsten Pfaff hört sich das an und strahlt - genauso wie seine Kollegen Brunhilde Malmwiek. Die Teamleiterin für die 7. Klassen hat sich mit ihren Kollegen unendlich viele Gedanken gemacht, diese neue Form des Profilunterrichts zu entwickeln: "Ich selbst bin Klassenlehrerin einer Künste-Klasse, mit darstellendem Spiel, Musik und bildender Kunst. Und wir versuchen, diese drei Künste miteinander zu verbinden. Und das ist eine völlig neue Herangehensweise und ich freue mich zu hören, wie die Schüler reagiert haben. Dadurch weiß ich, dass sich die ganze Mühe, die wir bei der Vorbereitung und Planung haben, tatsächlich auch lohnt."

Erst jetzt ist so ein Unterricht möglich

Erst die Sekundarschulreform hat es ermöglicht, Unterricht in dieser Form anzubieten. Früher, als die "Schule am Schloss" noch eine verbundene Haupt- und Realschule war, war so etwas undenkbar. Allein schon deshalb zieht Schulleiter Pfaff eine positive Bilanz: "Bis hierhin ist die Schulstrukturreform an unserer Schule für unsere Schülerinnen und Schüler mit Vorteilen verbunden."

Was er auch an dieser Zahl ablesen kann: Ein Drittel des ersten Abschlussjahrgangs wird wohl die Zugangsberechtigung für die gymnasiale Oberstufe bekommen. Für Schulleiter Thorsten Pfaff der Beweis: Das gemeinsame, an Stärken orientierte Lernen funktioniert. 

 

Mehr zum Thema

Die Bilanz einer Sekundar-Schulreform

Sie waren die "Versuchskaninchen", die ersten Schüler, die in Berlin auf die neue Sekundarschule gingen. Inforadio hat eine Klasse an der Neuköllner Röntgenschule von der Einschulung bis zu den Abschlussprüfungen vier Jahre später begleitet. Jetzt starten die Schüler ins Berufsleben oder gehen auf eine weiterführende Schule - und schauen noch einmal zurück.