Für die Schüler der 10d rücken die ersten Prüfungstermine zum mittleren Schulabschluss unaufhaltsam näher. Schon Anfang April, noch vor den Osterferien findet die erste Prüfung statt: eine Präsentationsprüfung zu einem selbst gewählten Themenkomplex und zwar unter besonderen Bedingungen, nämlich als Gruppen- und Teamarbeit. Gabriele Heuser hat sich bei Schülern und Lehrern umgehört wie die Vorbereitungen dafür laufen.

Die Unruhe ist groß, denn inzwischen haben sie richtig viel zu tun in der Schule: Leistungskontrollen, Referate, Klassenarbeiten in den Hauptfächern, Bewerbungen schreiben für weiterführende Schulen oder Ausbildungsplätze, Prüfungsvorbereitungen ... Da ist im Moment kaum Zeit zum Durchatmen, zumindest nicht bei denen, die einen möglichst guten Abschluss machen möchten und darum kämpfen müssen.

Bei den Präsentationsprüfungen, über die Klassenlehrerin Gabriela Lehnen an diesem Morgen spricht, mussten sich zwei oder drei in der Klasse zusammentun und ein Thema finden, das sie gemeinsam bearbeiten. Orkan und Blendona wollen untersuchen, ob Vegetarier gesünder leben als Fleischesser und sind schon ziemlich weit mit ihren Überlegungen.

Eine grobe Gliederung haben die beiden bereits gemacht, jetzt steht noch die Recherche aus. Sie wollen außerdem auch praktische Experimente machen, sprich, Gerichte mit und ohne Fleisch kochen und Fleischersatzprodukte ausprobieren.

Ganz so konkret sind die Ideen von Esma und ihrem Mitstreiter noch nicht, aber auch sie haben sich ein großes Thema gewählt: Hinduismus.

Esma: "Ich mache meine Präsentation mit dem Yunus, und da haben wir die Frage gestellt, ob der Hinduismus eine Weltreligion ist und dazu suchen wir eben mehr Informationen, wir fragen, welche Kulturen die Religion eigentlich hat, was alles dazu gehört."

Yunus: "Wir haben uns überlegt, vielleicht eine Diashow zu machen, einen Tempel zu besuchen und unsere Informationen von authentischen Quellen zu beziehen."

Gabriele Heuser: "Und, ist der Hinduismus eine Weltreligion?"

Yunus: "Kann ich jetzt im Großen und Ganzen noch nicht sagen, unser Fazit müssen wir noch besprechen, aber der Hinduismus gehört mit seiner Anzahl von Gläubigen zu den größten Weltreligionen, die wir haben."

An den Feinheiten müssen sie bis zum Prüfungstermin im April wohl noch etwas feilen. Dazu gibt es Hilfestellungen von den Lehrern. Mindestens drei verbindliche Beratungsgespräche sind dafür vorgesehen. Chahira und Rosa haben sich das Thema "Adipositas" gewählt und dazu bald ihren ersten Beratungstermin mit Frau Lehnen, die die beiden prüfen wird. Aber Rosa ist krank, deshalb erscheint Chahira allein bei der Lehrerin.

Chahira: "Meine Partnerin Rosa wird über Kinder und Jugendliche reden und ich werde über Erwachsene reden - wie es bei denen dazu kommt. Wir haben mit der Krankenkasse geredet, der Innungskrankenkasse IKK und sind auch zu denen hingegangen und haben viele Informationen bekommen."

Lehnen: "Da seid ihr ja schon ganz schön weit. Und die Art der Präsentation? Es ist ja kein rein verbaler Vortrag, sondern der wird ja unterstützt durch Medien. Was habt ihr euch da ausgedacht?"

Chahira: "Wir haben entschieden, dass wir eine Power Point Präsentation machen."

Jeden Mittwoch gehen die beiden nach der Schule in die Neuköllner Stadtbibliothek, um gemeinsam an ihrem Thema zu arbeiten. So soll es sein, aber längst nicht bei allen klappt das auch reibungslos. In einigen Gruppen gibt es immer wieder einzelne, die noch gar nichts gemacht haben. Das ärgert die, die schon eifrig dabei sind, denn die Präsentation ist eine Gemeinschaftsleistung, die in der Prüfung auch als solche bewertet wird.

Detlef Bachmann, der zweite Klassenlehrer der 10d, kennt seine Pappenheimer und ist nicht überrascht. Aus anderen Jahrgängen weiß er, dass es immer Schüler gibt, die die Arbeit lieber vor sich herschieben.

Detlef Bachmann:
"Das geht in den letzten zwei, drei Wochen vor der Prüfung in der Regel los. Sie müssen zwar sechs Wochen Zeit gehabt haben, aber sie müssen ja nicht sechs Wochen dran arbeiten an dem Thema. Sie sind in der Bibliothek, schauen sich etwas an. Meistens wird es dann in der letzten Wochen vorher schnell zusammengehauen."

Dabei ist die Präsentationsprüfung ganz schön anspruchsvoll. Die meisten Schüler wissen das, und einige sind auch ziemlich kreativ, wie Orkan und Blendona, die die Auswirkungen von fleischlosem Essen untersuchen.

Orkan: "Ich persönlich wollte eine Umfrage in der Schule machen, die Schüler sollen ankreuzen, wie oft sie Fleisch essen am Tag, oder ob sie vielleicht ganz darauf verzichten. Damit wir eine Übersicht haben."

Blendona: "Und ich wollte eine Umfrage machen und zwar habe ich mich auf zwei Punkte konzentriert, auf normale Menschen und auf schwangere Frauen, ob es bei denen Auswirkungen auf die Schwangerschaft haben kann, wenn sie kein Fleisch essen. Da wollten wir zu diesem Bund gehen."

Orkan: "Genau, Vegetarierbund."

Klingt gut, aber diese Ideen allein reichen den Prüfungslehrern noch nicht, sagt Detlef Bachmann, denn es ist ja kein Vortrag gefordert, sondern eine Präsentation.

"Wie präsentiert wird, ist den Schülern überlassen, aber der Medieneinsatz wird entsprechend mit bewertet. Sachverhalte sollten schon in irgendeiner Form visualisiert werden. Wenn ich überlege, dass sie eine Umfrage gemacht haben, sie erarbeiten statistische Daten. Dann sollten diese Daten auch grafisch dargestellt werden. Säulendiagramm, Balkendiagramm, Kreisdiagramm oder was auch immer. Solche Elemente sollten dann schon da sein", beschreibt Lehrer Bachmann die Aufgabe.

In den Beratungsgesprächen wird darauf hingewiesen. Auch Unsicherheiten können im Vorfeld mit den Prüfern geklärt werden. Frau Lehnen zum Beispiel erörtert mit Chahira die Materiallage zu deren Thema Fettleibigkeit.

Lehnen: "Habt ihr das Gefühl, dass ihr zehn bis fünfzehn Minuten pro Person zusammenbekommt?"

Chahira: "Ja, auf jeden Fall. Über Kinder und Jugendliche gibt es so viel zu erzählen, aber bei Erwachsenen nicht so viel. Und ich habe die Sorge, dass Rosa jetzt 15 Minuten darüber reden kann und ich nicht so lange. Und ich versuche jetzt irgendwie, etwas daraus zu machen, damit ich auch so viel erzählen kann, so viel wie sie."

Noch ist ja Zeit, beruhigt Gabriela Lehnen ihre Schülerin und ermuntert sie weitere Aspekte mit einzubeziehen. Als ich einige Tage später Chahiras Partnerin Rosa treffe, erzählt die mir, dass inzwischen alles ganz gut aussieht für die beiden.

Rosa:
"Wir haben Power Point schon fertig und jetzt müssen wir nur noch alles einstudieren, wie wir reden und so weiter."

Gabriele Heuser: "Das ist ja vorbildlich."

Rosa: "Ja, wir sind schon weit, weil wir auch früh damit angefangen haben und das Thema ist auch einfach für uns beide, weil wir es auch verstehen und ich finde, man sollte sein Thema verstehen, denn dann kann man auch sehr gut abschneiden."

Und das ist wichtig, denn für manch einen wird diese Präsentationsprüfung später zum Rettungsanker, weiß auch Lehrer Detlef Bachmann.

Detlef Bachmann: "Es ist genau ein Prüfungsteil, wie alle anderen im Prinzip auch. Er hat aber den großen Vorteil für die Schüler selber, dass sie sich an einem selbst gewählten Thema Wissen aneignen können und dadurch in der Lage sind, eine gute Note vorzulegen, um hinterher um Zweifelsfall eine Ausgleichsnote zu haben für einen Bereich, wo es dann nicht so doll läuft. Es gibt viele, die wirklich eine sehr gute Präsentationsprüfung hinlegen und hinterher ihre Fünf in Mathe, Deutsch oder Englisch damit ausgleichen können."

Und trotzdem haben einige in der 10 d noch so gar keine Lust, sich um ihr Thema richtig zu kümmern. Ist halt alles ein bisschen viel zurzeit, sagen sie. Ob sie die Kurve noch bekommen, werden wir sehen. Fortsetzung folgt.