- Foto: rbb Inforadio/Gabriele Heuser

Nahaufnahme vom 30.08.2013 - Sekundarschule - jetzt wird die Zukunft geplant

Die Jungen und Mädchen der Röntgen-Sekundarschule in Neukölln, die wir seit drei Jahren begleiten, sind nun in die 10. Klasse gestartet. Ein aufregendes Schuljahr liegt vor ihnen.

Seit der Einführung der Sekundarschule vor drei Jahren begleitet Inforadio-Reporterin Gabriele Heuser eine Klasse des ersten Jahrgangs an der Röntgenschule in Neukölln auf ihrem Weg durch diese neue Schulform.

Inzwischen sind die Schülerinnen und Schüler in der 10d angekommen: Das letzte Jahr an der Sekundarschule hat für sie also begonnen, ein besonders wichtiges Jahr, denn am Ende steht der Schulabschluss und der Übergang in die Berufswelt oder an eine weiterführende Schule.

Gabriele Heuser mit einer weiteren Folge ihrer Langzeitbeobachtung.

Große Hoffnungen

Die Ferien sind vorbei und als erstes treffe ich Blendona auf dem Gang zu den Klassenzimmern. Sie ist jetzt in der 10d und kann es selbst noch kaum glauben, dass die 10, Klasse bald vorbei ist und dann das Abi anfängt.

Angeregtes Gemurmel im Computerraum. Nur sind es diesmal nicht die Schülerinnen und Schüler der 10d, sondern ihre Eltern, die hier miteinander reden. Es geht unter anderem um die Noten, denn damit müssen sich die Jugendlichen in den nächsten Wochen und Monaten um einen Ausbildungsplatz oder für eine andere Schule bewerben. Klassenlehrerin Gabriela Lehnen spricht deshalb an diesem Abend auch die Palette von unterstützenden Begleitmöglichkeiten an. Dazu gehören kostenlose Nachhilfestunden und die so genannte Intelligenzquelle.

Alle Eltern, die gekommen sind, und das sind immerhin gut zwei Drittel aus der Klasse hören aufmerksam zu. Sie alle erhoffen sich einen guten Schulabschluss für den Sohn oder die Tochter und für erstaunlich viele heißt das sogar, möglichst noch das Abitur im Anschluss an die Sekundarschulzeit. Eine von diesen Eltern ist Nihal Akinci, die Mutter von Esma. Sie hofft, dass ihre Tochter leicht und ohne Stress das Abitur schafft, damit sie ihrem Wunsch, Kinderärztin zu werden, ein Stück näher kommt.

Auch der Vater von Yunus, Ali Gündogdu, setzt große Hoffnungen in seinen Sohn und will ihn dabei unterstützen, dass er seine Ziele auch erreicht. Dass Yunus gerne zur Polizei möchte, findet er gut, aber, so sagt er, er habe seinem Sohn auch deutlich gemacht, dass er sich dafür noch mehr anstrengen muss. Die Prioritäten für ihn sind klar. Der Notendurchschnitt müsse verbessert werden, damit er sich bei der Polizei bewerben kann.

Sandra El-Faour, die Mutter von Mahmoud, geht ebenfalls mit Optimismus in dieses letzte Schuljahr. Aber sie ahnt, dass es nicht einfach wird, erzählt sie mir. Ihre Tochter zum Beispiel habe schlechte Erfahrungen gemacht, sie habe keinen Ausbildungsplatz gefunden, obwohl sie Klassenbeste gewesen sei.

Die Träume sind da...

Bei aller Skepsis sind die Erwartungen der Eltern groß. Doch ob auch alle Schülerinnen und Schüler tatsächlich kapiert haben, dass es jetzt auf ihre Mitarbeit entscheidend ankommt, da hat Klassenlehrerin Gabriela Lehnen noch Zweifel. Ihr ist es deshalb wichtig, allen noch einmal eines ausdrücklich mit auf den Weg zu geben. Nämlich, dass sie sich jetzt auf den MSA konzentrieren müssen. "Ich hoffe einfach, dass sie mitkriegen, dass sie etwas tun müssen, um hier einen guten Abschluss zu machen. Die Träume sind da, aber sie müssen etwas dafür tun!"

Hier erweist sich die neue Mischung in der Sekundarschule als ausgesprochen positiv, sagt die ehemalige Hauptschullehrerin. Denn anders als sie es von früher gewohnt war, spornt ein Teil der Gruppe nun tatsächlich die anderen an. Die Berufsberaterin kommt wieder ins Haus, das lokale berufliche Orientierungszentrum bietet zweimal in der Woche Hilfe an, um den Schülern bei ihrer Entscheidungsfindung zu helfen.

Damit auch die Eltern über diese gezielte Unterstützung an der Schule Bescheid wissen, gibt es später am Abend in der Aula noch eine extra Informationsveranstaltung des Lokalen Beruflichen Orientierungszentrums für alle Eltern des ersten Jahrgangs der Röntgen-Sekundarschule.

Da wirft Coach Daniel Dietelbach einen Zeitstrahl an die Wand: "Anmelden für die Berufsberatung", steht gleich als erstes darauf, dann "Bewerbungen bei großen Firmen", "2. Betriebspraktikum nach den Herbstferien", und vor Weihnachten "Thema für die Präsentationsprüfung anmelden". Zum Schluss zeigt Dietelbach noch eine Folie, die die möglichen Schulabschlüsse und die jeweiligen Wege danach aufzeigt. Seine Anschlusserwartung deckt sich dabei nicht unbedingt mit dem Wunsch mancher Schüler und ihrer Eltern. Möglichst viele zum Abitur zu bringen, ist offenbar nicht das Ziel.

Doch vorher müssen die Jugendlichen erst einmal die Sekundarschule zu Ende zu bringen. Ich frage sie, wie sie in dieses letzte Jahr starten. Ihre Antworten klingen ähnlich, obwohl der Leistungsunterschied zwischen ihnen groß ist. Mussa und Rosa zum Beispiel müssen kämpfen, um die Voraussetzungen für den mittleren Schulabschluss zu schaffen. Dazu müssen sie in vier Hauptfächern die Kurse im erweiterten Niveau erfolgreich abschließen. Und um in die E-Kurse reinzukommen, brauchen sie mindestens eine glatte Drei im Grundkurs.

Noch sind die Schülerinnen und Schüler der 10 d ganz motiviert, das Beste aus dem Schuljahr zu machen. Mal sehen, wie lange das anhält. Fortsetzung folgt.