Trump versprach von den Stufen des Kapitols das, was er im Wahlkampf angedeutet hatte: Er wolle dem Establishment die Macht entreißen und sie dem Volk zurückgeben. "Der 20. Januar 2017 wird als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem das Volk wieder die Regierung übernahm", sagte Trump salbungsvoll. Die Realität ist zwölf Monate später eine andere. Noch nie waren so viele Vertreter des Großkapitals in einer Regierung versammelt wie unter Donald Trump. Die Wall-Street, so befürchten Kritiker, hat die Macht übernommen, nicht das Volk. Fast täglich jubiliert Donald Trump über steigende Börsenkurse. Die Nutznießer sind nicht die kleinen Leute im Mittleren Westen.
Auch außenpolitisch treten die USA auf der Stelle. Im Nahen Osten macht Trump Klientelpolitik, in der Nordkorea-Krise regieren große Worte statt starker Taten. Wie groß die Angst in der Bevölkerung vor einem Atomkrieg mit Nordkorea ist, bewies erst vor Tagen ein Fehlalarm auf Hawaii: Tausende gerieten in Panik, hatten Todesangst. "Das geht auf Ihr Konto, Herr Trump", schrieb die Schauspielerin Jamie Lee Curtis.
Elaine Kamarck vom angesehenen Washingtoner Politik-Thinktank Brookings kommt zu einem vernichtenden Ergebnis: "Das erste Jahr seiner Präsidentschaft war nichts als eine riesige, selbst zugefügte Wunde."