Die Abgeordneten von Bundestag und DDR-Volkskammer sind im Reichstag zusammen gekommen, um die deutsche Wiedervereinigung zu besiegeln (Bild: picture alliance/zb/Paul Glaser)
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Vis à vis - Warum gab es 1990 keine gemeinsame Verfassung, Herr Kowalczuk?

In dieser Woche feiert Deutschland 75 Jahre Grundgesetz. Dabei ist das Grundgesetz in Ostdeutschland nicht einmal halb so alt. Wie fühlt sich das für einen Ostdeutschen an und warum gab es 1990 keine neue Verfassung? Fragen an den Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk. Von Susann Reichenbach

Eigentlich war das deutsche Grundgesetz nur als Provisorium geplant. Als es am 23. Mai 1949 eingeführt wurde, sollte es nur die vorläufige deutsche Verfassung sein. In Artikel 146, dem letzten im Grundgesetz, wurde festgehalten, dass das Grundgesetz nur so lange gilt, bis sich das wiedervereinigte Deutschland gemeinsam eine neue Verfassung gibt.

Inzwischen wissen wir, dass es im Zuge der Wiedervereinigung nicht zu einer neuen Verfassung kam. Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk findet das bedauerlich. "Wenn man so einen gemeinsamen Verfassungsprozess initiiert hätte, auch noch nach der staatlichen Einheit am 3. Oktober 1990, dann hätte man ein gemeinsames Fundament schaffen können."

Neue Verfassung als gemeinsames Fundament

 

Von diesem Fundament einer gemeinsam von Ost- und Westdeutschen beschlossenen Verfassung wäre es leichter gewesen, die gegenseitigen Ressentiments abzubauen, glaubt Kowalczuk. Den Erzählungen über die Einverleibung der DDR sowie über die Ewiggestrigen aus dem Osten hätte etwas Gemeinsames entgegengesetzt werden können.

Im Vis à vis mit Susann Reichenbach erklärt der Historiker, woran das Verfassungsprojekt nach der Wende letztlich scheiterte, auf welchen Artikel er damals unbedingt bestanden hätte und warum er glaubt, dass ein gemeinsamer Verfassungsprozess Deutschland auch heute noch guttun könnte.

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