Interview - Oppositionspolitiker: Erdoğan nutzt Türkei-Feindlichkeit aus
Entgegen vieler Prognosen geht Präsident Erdoğan als stärkster Kandidat in die Stichwahl in der Türkei. Laut Kenan Kolat von der oppositionellen CHP in Berlin hat das Wahlergebnis wenig mit der Partei, sondern vielmehr mit der Person Erdoğan zu tun - und der nutze die Türkei-Feindlichkeit im Ausland für sich.
Im Vorfeld der Wahl in der Türkei deutete vieles auf eine Abwahl von Präsident Erdoğan hin. Das sieht nun ganz anders aus: Erdoğan liegt vorne und hat gute Chancen, bei der Stichwahl am 28. Mai gegen Herausforderer Kılıçdaroğlu zu gewinnen.
Kolat: "Es geht nicht um seine Partei, sondern um die Person Erdoğan"
Kenan Kolat ist Vorsitzender des CHP Bundes in Berlin, einem Unterstützerverein der sozialdemokratischen Oppositionspartei von Erdoğan-Herausforderer Kılıçdaroğlu. Er wundert sich über Erdoğans gutes Ergebnis: "Wahrscheinlich geht es nicht um seine Partei, sondern um die Person Erdoğan. Es gibt keine Partei AKP, sondern es gibt die Erdoğan-Partei - und er kann die Bevölkerung wahrscheinlich besser überzeugen."
Dass Erdoğan insbesondere von im Ausland lebenden Türken mehr Stimmen bekommen hat, habe psychologische Gründe, so Kolat: Erdoğan nutze den Umstand, dass es beispielsweise in Deutschland Türkei- und Islamfeindlichkeit gebe. Er verkaufe sich als "Vater aller Türken" und gebe den Menschen eine Art Nestwärme.