Eine Frau mit einem Baby auf dem Arm wirft ihren Stimmzettel in einem Wahllokal in Ankara in eine Wahlurne.
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Interview - Güler (CDU): "Kann mir Erdoğans Beliebtheit nicht erklären"

Die Präsidentschaftswahl in der Türkei wird wohl in einer Stichwahl entschieden. Nach Auszählung fast aller Stimmen liegt Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan einige Prozentpunkte vor Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler kritisiert Erdoğan scharf - und die Grünen in Deutschland.

Die CDU-Politikerin Serap Güler hält sich aktuell in der Türkei auf und hat vor etwa drei Wochen auch die Erdbebenregion besucht. "Ich war doch sehr verwundert und am Ende überrascht, dass es auch da nach wie vor sehr, sehr viele Menschen gibt, die Erdoğan unterstützen", sagt sie. "Ich kann mir das ehrlicherweise gar nicht mehr erklären."

Sie beobachte insgesamt eine Zerrissenheit in der türkischen Gesellschaft. Es sei teilweise selbst innerhalb einer einzelnen Stadt sehr unterschiedlich, wie die Menschen politisch eingestellt sind. "Es geht wirklich ein Riss durch die Gesellschaft", erklärt sie.

Güler spricht von "blinder Gefolgschaft"


"Es gibt die einen, die überhaupt nichts mit Erdoğan anfangen können, weil sie sagen, er hat uns sozusagen kaputtregiert", so Güler. "Und die anderen sagen: Hätte uns ein anderer die letzten 20 Jahre regiert, würden wir nicht so stark dastehen - und das bei der wirtschaftlich desolaten Lage. Es gibt eigentlich keine logische Erklärung dafür als blinde Gefolgschaft."

Die CDU-Bundestagsabgeordnete kritisiert außerdem Bündnis 90/Die Grünen scharf, weil diese die Türken in Deutschland aufgerufen hätten, die türkische grüne Partei zu wählen. "Ich glaube, es hätte auch gereicht, wenn man gesagt hätte: Die Demokratie soll siegen", meint Güler. "Damit wäre alles gesagt."

Kritik an den Grünen


"Wir verbitten uns in Deutschland zu Recht eine Einmischung von Erdoğan beispielsweise in die Bundestagswahl", erklärt sie. "Das umgekehrt zu tun, halte ich für absolut kontraproduktiv." Viele Deutschtürken hätten auf den Aufruf der Grünen bei der Wahl mit einer Trotzreaktion geantwortet.

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Ein Wahlhelfer in Istanbul hält die Stimmzettel für die Präsidentschaftswahlen mit den Namen von Recep Tayyip Erdogan, Muharrem Ince, Kemal Kilicdaroglu und Sinan Ogan bereit.
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Interview - Politologe: Erdoğan wirbt in Deutschland - Opposition nicht

Wie die 3,4 Millionen türkischen Wähler in Deutschland abgestimmt haben, ist noch offen. Aber klar ist: Präsident Erdoğan bekommt hier meist viel Unterstützung. Das liege unter anderem an seiner offensiven Werbung in Deutschland, sagt Politikwissenschaftler Özgür Özvatan. Die Opposition werbe dagegen gar nicht für sich.