Soziologe Armin Nassehi (Bild: rbb/Freiberg)
Bild: Klaus Dieter Freiberg

10 Ideen - Das braucht Deutschland - Idee 3: Soziologe Armin Nassehi

Inforadio fragt kluge Köpfe: Was folgt aus diesen großen Veränderungen? Wie umgehen mit ihnen? Und das ist auch das wissenschaftliche wie gesellschaftspolitische Thema von Armin Nassehi. Der Sohn einer katholischen Schwäbin und eines Persers ist Soziologieprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und seit einigen Jahren Herausgeber der Zeitschrift "Kursbuch".

Armin Nassehis Idee für Deutschland

Man muss ernst nehmen, dass es in modernen, komplexen, pluralistischen Gesellschaften Leute gibt, denen diese Pluralität Angst macht!"

Christian Wildt: Herzlich Willkommen hier im Inforadio, Armin Nassehi!

Armin Nassehi: Schönen guten Tag!

Christian Wildt: Wie schätzen Sie denn die neuesten, die jüngsten Entwicklungen in Deutschland ein? Wie tief geht das überhaupt?

Armin Nassehi
: Man könnte vielleicht sogar die These vertreten, dass sich gar nicht so viel verändert hat. Wir erleben natürlich in der Öffentlichkeit zurzeit sehr, sehr schwierige Diskussionen, die natürlich auch etwas mit dem Rechtspopulismus zu tun haben. Wir würden vielleicht im ersten Moment sagen: Das ist alles ein Ergebnis womöglich der Flüchtlingskrise, womöglich ein Ergebnis dessen, was wir an weltpolitischen Auseinandersetzungen zurzeit sehen und die auch in unser Land kommen. Natürlich hat das auch etwas mit der globalen sozialen Ungleichheit zutun. Aber wenn man genau hinguckt, würde ich sagen, sind all diese Dinge, die uns sozusagen glauben lassen, dass sich wahnsinnig viel verändert hat, für mich eher gesagt so eine Art Trigger für Grundkonflikte, die in der Gesellschaft schon länger da sind. Und es ist, glaube ich, kein Zufall, dass sich die beiden großen politischen Kräfte, wenn wir jetzt über das Politische reden wollen, nämlich die Sozialdemokratie und die konservative Union tatsächlich in vielen inhaltlichen Punkten treffen. Das könnte ja auch ein Hinweis darauf sein, dass Sachprobleme und dass Komplexitätsprobleme und Steuerungsprobleme so kompliziert geworden sind, dass es für die politischen Akteure schwierig geworden ist, Alternativen zu formulieren. Alternativlos ist natürlich gar nichts, das ist klar.

Christian Wildt
: Kommen denn die Alternativen gerade von Populisten? Werden dann einfache Antworten gegeben auf die Fragen?

Armin Nassehi: Ich meine jetzt die Alternativlosigkeit in der Mitte, also das war ja eigentlich  etwas, wo man sagen würde: Viele Leute haben das Gefühl, man kann eigentlich die großen politischen Kräfte, die legitimen politischen Kräfte, gar nicht mehr richtig unterscheiden, eigentlich nur noch in Nuancen. Und dann kommt die "Alternative" und es ist ja vielleicht sogar eine semantisch gar nicht so dumme Idee, nachdem von Alternativlosigkeit die Rede gewesen ist, von einer "Alternative für Deutschland" zu sprechen. Und man kann im politischen System tatsächlich beobachten, dass, wenn in der Mitte die Dinge gewissermaßen ununterscheidbar werden, fast automatisch so etwas wie eine andere Version dann kommt. Aber ich glaube wirklich, dass die Probleme, über die dort geredet wird, eher ein Trigger sind für tiefer liegende Konflikte in der Gesellschaft, die ich inzwischen fast mit so einem Begriff wie einem Kulturkonflikt belegen würde.

Christian Wildt: Ist das ein Konflikt zwischen oben und unten?

Armin Nassehi
: Das wäre schön, wenn es nur das wäre, weil dann könnte man mit den Mitteln, die wir eigentlich schon haben, nämlich mit Umverteilungen, womöglich mit einer anderen Form von Sozialpolitik die Probleme lösen. Natürlich gibt es einen Konflikt zwischen oben und unten. Es gibt eine starke Verunsicherung, die auch damit zusammenhängt, dass sich Arbeitsformen in der Zukunft stark verändern werden, dass die ökonomische Situation viel komplizierter geworden ist, dass wir nicht genau wissen, ob sozusagen die materielle Versorgung von Menschen in der gleichen Form an Arbeit weiter hängen wird, wie wir das eigentlich seit 200 Jahren kennen. Aber was wir zurzeit doch beobachten - und das liegt quer eigentlich zu den sozioökonomischen Konflikten - ...haben wir sozusagen eine Gruppe, die ist sehr stark daran gewöhnt, mit Abweichungen umzugehen, die begrüßt Komplexität, sie begrüßt eigentlich die neuen Arbeitsformen. Die kann mit moralischem, mit sexuellem, mit gender-mäßigem Pluralismus umgehen. Sie dekonstruiert alles, um das mal wissenschaftlich auszudrücken. Das heißt, man versucht sozusagen, mit Bedeutungen zu spielen. Das ist zum Teil popkulturell, zum Teil wissenschaftlich, zum Teil kulturell ganz spannend zu sehen. Also, man könnte sagen, so eine urbane, coole Trägergruppe. Und dann gibt es diejenigen, die damit überhaupt nicht umgehen können, also die - sozusagen in einer unübersichtlichen Welt - wieder mehr Übersichtlichkeit haben wollen und sich dann orientieren an Sichtbarkeiten. Also warum sind Einwanderer überhaupt so ein tolles Thema? Natürlich gibt es große Probleme mit Migration, daran sollte man auch nicht vorbeigucken, das haben vielleicht die Wohlmeinenden in der letzten Zeit zu wenig gemacht, aber der Migrant ist sichtbar, zumindest vermeintlich sichtbar. Er spricht anders, sieht anders aus, kommt woanders her. Warum kaprizieren die Leute sich heute wieder, was ja fast nicht zu erklären ist, auf sowas wie Homophobie? Also weil man eine vermeintliche Form von Sichtbarkeit hat. Warum kaprizieren sie sich wieder auf Geschlechterrollen? Weil man feststellt, dass Frauen keine richtigen Frauen und Männer keine richtigen Männer sind. Also alles Chiffren dafür, dass wir eine übersichtlichere Welt haben wollen. Industrie 4.0 ist für viele, glaube ich, eine mindestens genauso schlimme Information wie die Frage, ob weiter Flüchtlinge kommen oder wir Migrationspolitik machen müssen. Also die Trägergruppe wäre die, die eher Übersichtlichkeit haben will. Und das Spannende, das war ja Ihre Frage, das korreliert nicht nur mit dem Oben/Unten, sondern dieses Gefühl haben Sie zum Teil auch bei Leuten, die ökonomisch sehr gut abgesichert sind, die einen hohen Bildungsgrad haben, die gewissermaßen in der Gesellschaft gar nicht so schlecht dastehen, und das würde ich deshalb einen Kulturkampf nennen.

Christian Wildt: Und die betonen erst nur das "Wir". Was ist denn dieses "Wir"? Gibt es das überhaupt, dieses "Wir"? "Wir Deutschen" zum Beispiel, was die AfD jetzt zum großen Teil bemüht?

Armin Nassehi: Wenn man etwa mit AfD-Leuten spricht oder mit richtigen Rechten spricht, ist es ja ganz interessant, dass sie sich tatsächlich auf dieses "Wir" kaprizieren, auf das Eigene, auf die Nation, auf das Unvordenkliche, das dahinter steht. Interessant ist, wenn man mal nachfragt, was das denn eigentlich sei, kann man entweder gar nichts dazu sagen oder geradezu peinliche Sätze. Das ist ja das Interessante eigentlich, also dieses Eigene, man könnte sagen diese populistische Idee, dass es so etwas wie ein Subjekt gibt, das das Volk ist, das auch noch eine einzige authentische Meinung hat. Das ist ja eigentlich, würde ich fast sagen, die Lebenslüge des rechten Denkens, weil wenn man genau hinguckt, stimmt das natürlich nicht. Natürlich hat es permanent in der Geschichte der modernen Gesellschaft in allen Staaten übrigens Versuche gegeben, die Nation durch bestimmte Techniken mit einem Eigenen auszustatten: Mit einer eigenen Literatur, mit einer eigenen Geschichte, womöglich eigenen religiösen Traditionen, mit eigener Folklore usw. Aber das kann ja heute tatsächlich nur noch so eine Art Benutzeroberfläche sein. Ich würde von mir selber sagen, dass mein Denken und mein Leben tief durchtränkt ist durch deutsche Tradition. Aber damit auszudrücken zu können, was das Eigene ist, das ist fast unmöglich.

Der Wissenschaftssoziologe Armin Nassehi im Gespräch mit Christian Wildt (Bild: Dieter Freiberg)Prof. Armin NAssehi im Gespräch mit Inforadio-Redakteur Christian Wildt (Bild: rbb/Freiberg)

Christian Wildt: Nun gibt es aber dieses Bedürfnis, das haben Sie gerade geschildert, bei einer Gruppe, und die wächst offenbar. Wie würden Sie das bewerten? Und vielleicht: Was würden Sie dem entgegenstellen? Wie kann sich denn so eine komplexe Gesellschaft, wie Sie die genannt haben, dann selber definieren? Man braucht doch ein Stück Gemeinsamkeit und Identität. 

Armin Nassehi: Das ist die Frage, ob man dieses Stück Gemeinsamkeit und Identität tatsächlich in so einem abstrakten Sinne braucht. Also wenn man empirisch, ich bin ja ein Sozialwissenschaftler, empirisch hinguckt, woraus sich eigentlich Lebenslagen und Lebensformen speisen, dann sind es ganz, ganz selten diese abstrakten Chiffrierungen, sondern dann ist das so was wie Alltagspraxis. Dann ist das die Frage: Kann ich in meinem Leben so etwas wie Erwartbarkeiten formulieren? Kann ich sagen, es gibt gewisse Sicherheiten, die in meinem Nah-Raum durchaus funktionieren? Habe ich eine Perspektive, eine zeitliche Perspektive für mich und meine Kinder? Gelten manche sozusagen Fixsterne in meinem Denken auch noch, wenn sich vieles außen ändert? Engländer würden sagen: "Life is more pedestrian" - es findet viel stärker sozusagen auf dem Boden der Praxis statt. Also ich glaube, dass die Gefahr, dass Leute dieser populistischen Idee, dass es so ein "Gesamtsubjekt Volk" gibt, hinterherlaufen, eher ein Krisenphänomen ist. Und dem kann man eigentlich nur begegnen, indem man in dieser unübersichtlichen Welt noch ein paar Übersichtlichkeiten herstellt. Diese Übersichtlichkeiten sind sicherlich nicht diese alten Chiffren der Nation oder so etwas, sondern der Versuch: Wie kann man eigentlich praktische Verhältnisse schaffen, in denen die Menschen leben können? Ich habe mich im Rahmen der Flüchtlingskrise sehr, sehr stark auch darauf kapriziert, auch mal aus den Städten rauszugehen, in Bayern, in Oberbayern mal zu gucken, was an den kleinen Orten eigentlich stattfindet. Und es ist hochinteressant, dass dort zum Teil Integrationsbemühungen viel, viel - wie soll man sagen? - ja, praktischer und besser funktionieren als in den groben Städten, weil die Leute sehen: Da kommen Leute, die haben die gleichen Probleme wie wir. Wir müssen gucken, dass unsere Kinder über den Tag kommen. Wir haben Gesundheitsprobleme. Wir müssen sehen, dass wir eine Arbeitsstelle finden. Wir brauchen irgendwie Leute, mit denen wir reden können - und zwar über Alltägliches. Und dafür haben die zum Teil ein Faible. Also es ist ganz interessant, dass das hier wieder ein Hinweis darauf ist, dass sozusagen die praktischen Tätigkeiten tatsächlich funktionieren müssen. Man kann das ja an sich selber tatsächlich sehen. Was sind eigentlich die Anker in meinem Leben? Das sind doch tatsächlich die Erwartbarkeiten der Menschen, mit denen ich permanent zu tun habe und die Frage, wie wir eigentlich mit Leuten umgehen, die sozusagen nicht zu unserem absoluten Nah-Raum gehören. Und dafür brauchen wir Erwartungssicherheit. Deshalb ist der Terrorismus ja auch so eine unfassbare Bedrohung. Statistisch gesehen ist es hoch unwahrscheinlich, von Terrorismus bedroht zu sein. Aber was der moderne Terrorismus im Moment macht, das ist ja tatsächlich diese Sicherheit von Lebenslagen in Frage zu stellen, dass man sozusagen in den Alltag eindringt und Alltagssituationen, wie am Breitscheidplatz vor einigen Wochen, sozusagen in Alltagssituationen eindringt und das Gefühl, dass eigentlich ein alltägliches Leben daraus besteht, dass man irgendwie typisieren kann, wie der Andere sich verhält, in Frage gestellt wird.

Christian Wildt: Jetzt sind wir bei der anderen Seite. Sie haben das sehr positiv dargestellt. Die Gesellschaft scheint fähig zu sein, auch mit verschiedenen Haltungen an Probleme heranzugehen. Wir haben jetzt aber die Darstellung, dass viele sagen: Der Terrorismus hat unmittelbar mit dieser Flüchtlingsbewegung zu tun. Da sind Leute gekommen, die wir hier nicht haben wollen, die uns Gefahr gebracht haben. Und der Staat ist dafür verantwortlich, uns jetzt zu schützen an dieser Stelle. Da sind wir weg von diesem "on the ground"-Sein, da sind wir bei dem "man macht so oder so" - man macht die Grenzen zu, man schützt vor dem Terrorismus oder nicht.

Armin Nassehi
: Ich weiß nicht, ob die Kausalität so stimmt, dass sozusagen die Flüchtlingskrise oder die Flüchtlingssituation zu diesem Terrorismus geführt hat.

Christian Wildt
: Nein, aber so wird ja gedacht und so wird diskutiert im Moment.

Armin Nassehi
: So wird diskutiert und das ist das große Problem eigentlich und das liegt unter anderem auch daran, dass womöglich - und diesen Vorwurf muss man der Bundesrepublik womöglich machen - man sich um diese Sicherheitsfragen zu wenig gekümmert hat. Also wenn ich sehe, dass der Bundesjustizminister unmittelbar nach dem Anschlag auf einmal ganz andere Sätze über Sicherheitsmaßnahmen, über Sicherungsmaßnahmen, über Überwachungsmaßnahmen sagt als kurz vorher, dann ist das ja vielleicht doch ein Hinweis darauf, dass man manche Sachen vorher nicht so richtig ernst genommen hat. Ich glaube schon, dass ein Staat tatsächlich auch die Aufgabe hat, dieses Gefühl von Sicherheit wenigstens simulieren zu können. Also vollständige Sicherheit werden wir nicht herstellen können, aber sich um diese Dinge zu bemühen. Also meine Grundthese, ich vertrete das jetzt seit einigen Jahren, ist, und ich bin sozusagen der Migrationssituation sehr wohlwollend gegenüber, schon aus biografischen Gründen, aber nicht nur deswegen, würde ich sagen: Wir sind in Deutschland eigentlich nicht geübt darin, auch negative Einwanderungsfolgen angemessen zu diskutieren. Das überlassen wir leider Gottes den Falschen.

Christian Wildt: Es sind viele Fragen zu entscheiden und man hat das Gefühl, auch die Politik hoppelt dort hinterher. Geht Ihnen das nicht auch so? Und was soll der Bürger tun? Wie wird er eigentlich mitgenommen? Oder wie kann er sich artikulieren? Wie kann er womöglich sogar echten Einfluss nehmen?

Armin Nassehi: Nun als Bürger würde ich tatsächlich antworten und sagen: Vielleicht muss man in diesem Kulturkampf, von dem ich spreche, gerade aus der Perspektive sozusagen eines bildungsnahen, intellektuellen Wissenschaftlers, der aber auch ein Bürger ist, die Hochnäsigkeit ein bisschen fahren lassen. Und vielleicht auch sehen, dass es Lebensformen gibt, die anders funktionieren als Leute wie wir, die an Schreibtischen sitzen und sich am leeren Blatt Papier neue Welten erfinden können - denen sozusagen Abweichung etwas ist, was sie begrüßen, die daran gewöhnt sind, mit Pluralismus umzugehen. Vielleicht muss man das einfach ernstnehmen, dass es auch in modernen, komplexen, pluralistischen Gesellschaften Leute gibt, denen das Angst macht.
Und politisch, würde ich sagen, und auch im Alltag müsste man versuchen, Kommunikationsformen für diese Leute zu finden, die nicht populistisch sind. Aber die ernstnehmen, dass es sozusagen in der Fläche eine viel konservativere Lebensform gibt, als wir uns das vorstellen können. Konservativ heißt nicht, von der Stärke der Menschen auszugehen, sondern von der Schwäche der Menschen auszugehen. Ich finde das einen sehr sympathischen Gedanken übrigens, und ich würde mir wünschen, dass die politischen Kräfte, wie wir sie haben - vielleicht die Union den Konservatismus und die Sozialdemokratie die Idee des sozialen Aufstiegs - ein bisschen anpassen an eine moderne Gesellschaft: was das heute eigentlich heißen kann.

Christian Wildt: Was wäre denn wirklich nötig? Was ist denn ein Angebot, nicht von politischer Seite, sondern was Sie als erforderlich betrachten, damit diese Gesellschaft, wie auch immer sie verfasst sein mag, wie auch immer sie denken mag - unterschiedlich konservativ oder urban fortschrittlich - damit die gemeinsam weiterkommt?

Armin Nassehi
: Ich winde mich ein bisschen um Ihre Frage herum mit dem Gemeinsamen. Also ich glaube ehrlich gesagt nicht an so eine Idee von Gemeinsamkeit, aber woran ich schon glaube, das ist, Sprechformen zu finden, so ein Gegenüber wirklich ernst zu nehmen. Also wir haben im Moment doch so ein stabiles Konfliktsystem. Die einen sind die Bestätigung immer für die anderen. Und wenn es gelingt, vielleicht aus so einer linksliberalen Seite konservative Lebensformen wirklich ernst zu nehmen. Ernst zu nehmen heißt nicht: Ich finde richtig, was du sagst. Aber: Ich habe ein Gefühl dafür, dass ich mir vorstellen kann, warum eigentlich du im Moment in der Situation bist, dass du Angst vor etwas hast, wovor du eigentlich gar keine Angst haben müsstest. Dann wäre schon viel gewonnen, und dafür braucht man vielleicht sensibleres Sprechen. dDafür braucht man vielleicht manchmal leiseres Sprechen. Ich weiß, dass das in diesem Jahr natürlich schwierig sein wird, weil Wahlkampf ist, da wird etwas lauter gesprochen. Aber ich glaube tatsächlich, dass das ganz wichtig ist. Das hört sich unglaublich banal an, aber ich glaube, das kann jeder - hört sich jetzt auch wieder fast sozialpädagogisch an - in seinem Alltag selber ausprobieren. Das kann man in den Schulen machen, das kann man in den Betrieben machen, das kann man in Familien machen, das kann man in politischen Parteien mache. Und man muss womöglich auch mit den "Schmuddelkindern" mal reden, um rauszukriegen, wie die eigentlich ticken. Weil, das sind ja auch nicht alles nur böse Menschen, sondern sie kommen aus Lebenslagen, in denen diese Sätze auf einmal funktionieren.

Christian Wildt
: Herzlichen Dank, Professor Armin Nassehi.

Kommentar

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2 Kommentare

  1. 2.

    Das Grundproblem: „Wir haben im Moment ein stabiles Konfliktsystem - die einen sind die Bestätigung immer für die anderen. Wenn es gelingt, von linksliberaler Seite her, konservative Lebensformen wirklich ernst zu nehmen, dann wäre schon viel gewonnen. Dafür braucht man sensibleres Sprechen. Man muss womöglich auch mit den "Schmuddelkindern" reden, um rauszukriegen, wie die eigentlich ticken. Das sind ja nicht alles böse Menschen.“

  2. 1.

    Danke für diesen ausgewogenen und fairen Beitrag, Hr. Nassehi. Sie bemühen sich beide Seiten des Konfliktes zu betrachten und beziehen auch die Schmuddelkinder vom Land mit ein. Wer sich verstanden und ernst genommen fühlt, der braucht nicht mehr auf die Barrikaden steigen. Dieser Einsicht folgen die Leitmedien nur widerwillig und vieles erhält erst Geltung, wenn es jemand mit Migrationshintergrund sagt. So können sie zu einem dringend benötigten Mediator und Brückenbauer für beide Seiten werden

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10 Ideen - Das braucht Deutschland (Bild: rbb/Freiberg/Grischek)
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