SoWo Plakat, Berlin, Foto und Copyright: rbb/Freiberg

Überforderte Städte - Kein Platz für Flüchtlinge? - Flüchtlinge als Geschäftsmodell

In Berlin hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales schwer damit zu kämpfen, Unterkünfte für immer mehr Flüchtlinge zu eröffnen. Das Land arbeitet dabei nicht mehr nur mit karitativen Trägern wie der Diakonie oder der Arbeiterwohlfahrt zusammen: Etwa die Hälfte der Berliner Flüchtlingsheime wird mittlerweile von Privat-Unternehmen betrieben - und die haben in der Vergangenheit immer wieder für Kritik gesorgt.

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In der St. Eduard Kirche in Berlin-Neukölln stellt sich ein weiterer Geschäftsmann vor, der ins Flüchtlings-Business einsteigen will. Rund 200 Anwohner sind gekommen. Sie dürfen über ein Mikrofon Fragen stellen.

Michael Elias war Manager bei mindestens 8 Unternehmen, darunter ein Werkzeughersteller, ein Busunternehmen und eine Agentur für Produktfotographie. Im April vergangenen Jahres hat Elias die SoWo-Berlin GmbH gegründet, hat einen alten Sportplatz in der Neuköllner Karl-Marx-Straße angemietet, um hier eine Containersiedlung für 300 Flüchtlinge zu bauen. Die Verhandlungen mit dem Land Berlin befinden sich in der Endphase.

"Ich bin Unternehmer, ich weiß, wie man Unternehmen strukturiert und aufbaut " begründet Elias seinen Wunsch, ins Flüchtlings-Geschäft einzusteigen. "Ich bin Ende 2013 nach Berlin gekommen. Ich bin 1969 geboren, bin halb Libanese, halb Deutscher. Ich bin privilegiert geflüchtet, weil meine deutschen Großeltern hier den sicheren Hafen hatten, aber ich habe einen hohen Bezug dazu. Die Problematiken, die wir jetzt haben, die Zustände und Bilder, über die sie jetzt berichten, über Flüchtlingsheime, die nicht gut in Schuss  sind, das hat ja mit den Betreibern zu tun. Und da haben wir uns überlegt: Wie kann man da sinnvoller ansetzen?"

SoWo Areal, Berlin, Foto und Copyright: rbb/FreibergAuf diesem Areal will die SoWo ein Flüchtlingsheim bauen

SoWo: Negativ-Schlagzeilen durch Nähe zur völkischen Bewegung

Das Konzept der SoWo sieht zumindest auf dem Papier gut aus: Moderne funktionale Bauten, viel Gemeinschaftsfläche, Elias plant sogar, eine Kita in die Containersiedlung zu integrieren. Dennoch hat auch die SoWo schon für Negativ-Schlagzeilen gesorgt.

Der Piraten-Abgeordnete Fabio Reinhardt ist in die St. Eduard Kirche gekommen, um das Thema anzusprechen: "Als ich mir beim Handelsregister die Struktur der SoWo angeschaut habe, habe ich dort festgestellt: Inhaber der SoWo ist noch ein weiteres Unternehmen, das nennt sich dann Viscura UG. Und wenn man da noch ein bisschen stärker hineinschaut, dann stellt man fest, dass einer der bisherigen Teilhaber der Viscura UG Michael Büge ist. Er ist nicht nur CDU-Kreischef hier, sondern auch Mitglied einer schlagenden Verbindung, der Gothia, die auch sehr enge Nähe zu völkischen und rechten Bewegungen und Gesellschaften pflegt."

"Der Markt steht grundsätzlich allen offen."

Wegen seiner Verbindung zur Burschenschaft Gothia hatte Michael Büge seinen Job verloren. Er war zuvor Berlins Sozialstaatssekretär und damit für die Unterbringung der Flüchtlinge politisch mitverantwortlich. Wechselt er nun die Seiten und macht selbst Geschäfte mit Flüchtlingsunterkünften? Sein Partner, Michael Elias, sagt, er habe die politische Dimension dieses Themas unterschätzt und betont, dass Michael Büge seine Anteile am Unternehmenskonstrukt mittlerweile abgegeben habe.

Doch warum setzt das Land Berlin weiter auf private Anbieter, wenn es doch immer wieder Ärger mit diesen gab? LaGeSo-Präsident Franz Allert sagt, es sei nicht entscheidend welches Firmenkonstrukt hinter dem Management eines Flüchtlingsheims stehe: "Es gibt auch eine ganze Reihe von Einrichtungen von Privaten, die wirklich gelobt werden -in Anwohner-Versammlungen, von der Polizei - wegen ausgezeichneter Zusammenarbeit. Es ist nicht so, dass man sagen kann: Das sind die Guten oder die Schlechten. Der Betrieb in der Einrichtung hängt sehr häufig vom konkreten Heimleiter ab."

Und noch etwas sagt Franz Allert: "Der Markt steht grundsätzlich allen offen." Also ist die Unterbringung von Flüchtlingen durchaus auch als Geschäftsmodell gedacht.

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Themenschwerpunkt - Überforderte Städte - Kein Platz für Flüchtlinge?

Deutsche Großstädte sind von den hohen Flüchtlingszahlen besonders betroffen. Nach einer gemeinsamen Recherche von Inforadio und ZEIT ONLINE in den Städten Berlin, Hamburg und Köln gibt es derzeit keine Lösungen, wie Flüchtlinge schnell und angemessen untergebracht werden können. Berlins Integrationssenatorin Kolat räumte ein, dass es schwierig sei, im selben Tempo neue Unterkünfte zu errichten, wie die Zahl der Flüchtlinge wachse. Sozialsenator Czaja sieht in der Hauptstadt allerdings durchaus Fortschritte bei der Unterbringung von Flüchtlingen.