Floating House - Vorschlag zur Flüchtlingsunterbringung von Constantin Bruns

Überforderte Städte - Kein Platz für Flüchtlinge? - Betten: verzweifelt gesucht

In Hamburg steigen die Flüchtlingszahlen täglich. Tausende brauchen ein Obdach. Was siegt, Pragmatismus oder Kreativität? Ein Gast-Beitrag von Karsten Polke-Majewski / ZEIT ONLINE.

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Warum nicht Hausboote für die Flüchtlinge bauen? Das war die Frage, die Constantin Bruns umtrieb. Der Architekturstudent von der Universität Hannover zeichnete erste Skizzen und merkte schnell: So teuer ist es nicht, abgehalfterte Binnenschiffe zu entkernen und mit einfachen Leichtbauhäusern aus Holz und Plexiglas auszustatten. Sechs solcher zweigeschossigen Häuser für insgesamt 48 Personen passen auf einen Durchschnittskahn. Drei Schiffe, und schon wäre eine Unterkunft für Flüchtlinge fertig. Klein, bescheiden und allemal besser als jede Container-Siedlung.

Wir wohnen in einem Zug - Vorschlag zur Flüchtlingsunterbringung von Alina Schilmoeller und Franziska Schumacher
Ein weiterer Vorschlag er Studentinnen: Wohnen im Zug.

Nun liegt die Mappe von Bruns mit den Entwürfen seiner Seminargruppe auf einem Schreibtisch in Hamburgs Sozialministerium, das in der Hansestadt Behörde heißt. Bettina Prott leitet hier das "Projekt Kapazitätenausbau öffentliche Unterbringung". Ihre Kollegin Christiane Kreipe sucht für die Sozialbehörde ständig nach neuen Flächen für Flüchtlingsunterkünfte. Prott und Kreipe stehen unter Druck. Rund 12.300 Schlafplätze für Flüchtlinge stellt die Stadt derzeit bereit. 3.300 davon sind in der Erstaufnahme, wo sie nach ihrer Ankunft regulär drei Monate lang bleiben sollen, 9.000 in Folgeeinrichtungen. Weitere 5.000 müssten in diesem Jahr hinzukommen, hieß es noch im Januar. Doch das wird nicht reichen. Monatlich hebt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Prognose der Flüchtlingszahlen an. Kreativität ist gefragt, will man für jeden der Ankommenden ein Bett finden.

Charmante Ideen reichen nicht aus

Also: Hamburg hat doch genug Wasser und Kanäle. Warum nicht auf Booten bauen?

Bettina Prott lächelt. "Charmante Idee", sagt sie und es klingt wie: "Vergessen Sie's." Dieser Unterton verschwindet auch nicht, als sie durch die Vorschläge anderer Studenten blättert: Zwei wollen Einfahrten zwischen hohen Mietshäusern überbauen. Schon drei Meter Breite reichen ihnen aus, um geschickt geschnittene Wohnungen darüber zu errichten. Ein anderer will das Oberdeck eines Parkhauses nutzen. Eine Studentin hat Hütten für Familien entworfen, die sie in aufgelassenen Schrebergärten platzieren möchte. Dächer von Flachbauten öffentlicher Gebäude, ungenutzte Bahngelände, Baulücken – wer sucht, findet in jeder Großstadt freie Räume, die alles bieten, was Flüchtlinge brauchen: Nähe zu Nachbarn, Schulen, Ärzte und Geschäfte, dazu einen guten Anschluss an den Nahverkehr.

"Fill the gaps" - Voschlag zur Flüchtlingsunterbringung von Marc GluglaBeim Vorschlag "Fill the gaps" sollen schmale Baulücken zwischen Gebäuden genutzt werden.

"Stimmt schon", sagt Prott, "aber…", und dieses Aber darf man nicht missverstehen, Prott und Kreipe sind keine Bürokratinnen. Sie wissen nur, was los ist in ihrer Stadt. "Das allein hindert mich schon daran, solche Ideen spontan und ohne weitere Prüfungen toll zu finden", sagt Kreipe. Dann fallen Begriffe wie Brandschutz, zweite Feuerwehrzufahrt, Eisgang, Evakuierungsvorschriften bei Sturmflut, Emissionsschutz . Doch mehr noch als die Vorschriften treibt die beiden Frauen etwas anderes um: "Die Stadt muss einfach sehr schnell viel Platz für Flüchtlinge schaffen."

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Themenschwerpunkt - Überforderte Städte - Kein Platz für Flüchtlinge?

Deutsche Großstädte sind von den hohen Flüchtlingszahlen besonders betroffen. Nach einer gemeinsamen Recherche von Inforadio und ZEIT ONLINE in den Städten Berlin, Hamburg und Köln gibt es derzeit keine Lösungen, wie Flüchtlinge schnell und angemessen untergebracht werden können. Berlins Integrationssenatorin Kolat räumte ein, dass es schwierig sei, im selben Tempo neue Unterkünfte zu errichten, wie die Zahl der Flüchtlinge wachse. Sozialsenator Czaja sieht in der Hauptstadt allerdings durchaus Fortschritte bei der Unterbringung von Flüchtlingen.