Floating House - Vorschlag zur Flüchtlingsunterbringung von Constantin Bruns

Überforderte Städte - Kein Platz für Flüchtlinge? - Betten: verzweifelt gesucht

In Hamburg steigen die Flüchtlingszahlen täglich. Tausende brauchen ein Obdach. Was siegt, Pragmatismus oder Kreativität? Ein Gast-Beitrag von Karsten Polke-Majewski / ZEIT ONLINE.

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Das ist teuer. Nichts kostet so viel, wie Notunterkünfte zu bauen. Ursprünglich waren im Haushalt für 2014 und 2015 jeweils 55 Millionen Euro dafür vorgesehen. Doch das reichte schon im vergangenen Jahr nicht aus. Die Bürgerschaft bewilligte deshalb für beide Jahre weitere 70 Millionen. Wie viel davon jedoch noch übrig ist, kann niemand sagen, der Jahresabschluss liegt noch nicht vor. Klar ist aber, dass F&W für jeden Platz in einem schlichten Container oder einem Modulhaus rund 20.000 Euro investieren muss. Für einen Platz in einem Holzpavillon, der einen etwas höheren Standard bietet, sind es sogar bis zu 30.000 Euro.

Baut das Unternehmen dagegen ein festes Wohnhaus, sinken die Kosten je Bewohner auf 2.300 Euro. Die Häuser halten im Durchschnitt 30 Jahre, und damit weit länger als Modulhäuser, die nur drei bis fünf Jahre stehen bleiben, oder Pavillons, die nach zehn Jahren abgerissen werden müssen. Ideal wären deshalb sogenannte Kombihäuser mit Ein- bis Vier-Zimmer-Einheiten, die so gebaut werden, dass sie als Unterbringung genutzt und später in normale Mietwohnungen umgewandelt werden können, sagt Prott. Einige wenige davon gibt es schon. Sie zu errichten dauert jedoch bis zu eineinhalb Jahren.

Olaf Scholz (SPD) feiert Wahlsieg in Hamburg (Bild: dpa)
Unter Olaf Scholz werden wieder mehr Sozialwohnungen gebaut - aber noch nicht genug. | Bild: dpa

Wollten Bettina Prott und Christiane Kreipe ihren Job perfekt machen, müssten sie ständig in drei Geschwindigkeiten denken. Langfristig sehen sie die Lösung in einem Wohnungsbau, der allen Wohnungsuchenden einschließlich der Flüchtlinge zugute kommen muss. Gut wären auch Kombimodelle, bei denen öffentliche Unterbringung und Wohnungsbau in einem Objekt entstehen. Oder wo eine Unterkunft später in Wohnungen umgewandelt werden kann. Gleichzeitig müssten sie sich darauf konzentrieren, viele neue Standorte für Modulhäuser zu finden, um die wartenden Flüchtlinge zwischenzeitlich beherbergen zu können. Schließlich müssten sie schnell viele einfachere Plätze einrichten, um der stetig anschwellenden Menge der Neuankommenden Herr zu werden.

Masse statt gehobener Qualität

"Wir versuchen das, aber alles drei ist kaum zu bewältigen", sagt Prott. Zumal es nicht nur eine Frage des Geldes ist, sondern auch des Personals. Jedes Projekt muss in der Behörde organisiert, abgestimmt und geplant werden. Es braucht eine Baugenehmigung, ein Anhörungsverfahren, Infoveranstaltungen für die Anwohner, einen Bauleiter bei F&W, später zusätzliche Sozialarbeiter und Hausmeister. "Es ist fast egal, ob ich 30 Plätze schaffe oder 400, der Aufwand ist immer gleich", sagt Kreipe. Jetzt schon müssen die Behördenmitarbeiter und F&W 28 neue Vorhaben gleichzeitig bewältigen. Da bleiben keine Kapazitäten für Experimente wie jene der Hannoveraner Studenten. Und dann sagt Kreipe einen Satz, der eine Provokation für all jene ist, die im Flüchtlingswesen arbeiten: "Die Qualitätsstandards der Unterbringungen zu heben ist eigentlich das falsche Ziel. Große Einrichtungen mit 400 bis 600 Plätzen sind erst einmal nötig."

Viele Flüchtlingshelfer würden sofort widersprechen. Sie machen andere Erfahrungen. Integration braucht Übersichtlichkeit. Kleine dezentrale Einheiten werden von Anwohnern leichter akzeptiert, die Flüchtlinge werden eher in das Leben des Stadtteils einbezogen. Auch die Bewohner solcher Unterkünfte orientieren sich eher nach außen. Zudem sinkt die Gefahr innerer Konflikte. Das ist die Idee jener Studenten, die die Einfahrten überbauen wollen: Wenige Menschen passen sich so in das vorhandene Gefüge eines Stadtteils ein. Selbst bei F&W hält man 80 Personen je Standort für wünschenswert. So viele Flüchtlinge betreut ein einzelner Sozialarbeiter.

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Themenschwerpunkt - Überforderte Städte - Kein Platz für Flüchtlinge?

Deutsche Großstädte sind von den hohen Flüchtlingszahlen besonders betroffen. Nach einer gemeinsamen Recherche von Inforadio und ZEIT ONLINE in den Städten Berlin, Hamburg und Köln gibt es derzeit keine Lösungen, wie Flüchtlinge schnell und angemessen untergebracht werden können. Berlins Integrationssenatorin Kolat räumte ein, dass es schwierig sei, im selben Tempo neue Unterkünfte zu errichten, wie die Zahl der Flüchtlinge wachse. Sozialsenator Czaja sieht in der Hauptstadt allerdings durchaus Fortschritte bei der Unterbringung von Flüchtlingen.