Di 03.05.2016 | Das vernetzte Ich - Abgehängte vs. Durchstarter
Das Netz eröffnet viele neue Arbeitsmöglichkeiten. Doch Arbeitsplätze durch die Online-Welt sind umstritten. Während die einen sagen, die neue Arbeitswelt fördert Freiheit und Selbstbestimmung, sehen die anderen darin einen Nährboden für Billig-Jobs. Wird sich die Arbeitswelt noch weiter spalten - in Durchstarter und Abgehängte? Das versuchen wir heute in "Das vernetzte Ich" zu klären.
Twitter-Parties, Skype-Konferenzen, Daten-Wolken, unser "vernetztes Ich" ist praktisch überall unterwegs. Wie das unsere Arbeitswelt umkrempelt, das schauen wir uns diese Woche genauer an. Dabei geht's nicht nur um Roboter in der Industrie, sondern auch um neue Arbeitsformen - um Crowd- und Clickworker, um Menschen, die nur noch auf Zuruf arbeiten, wenn sie via App gerufen werden.
Florian Nöll sieht diese Entwicklung positiv. Nicht nur, weil er als Chef des Verbands Deutscher Startups Jungfirmen vertritt, für die das Internet Geschäftsmodell ist. Technischer Fortschritt habe die Arbeitswelt in den letzten 200 Jahren immer grundsätzlich verbessert, sagt er - und das werde auch jetzt so sein.
Frühere Befürchtungen, die Automatisierung der Industrie und Dienstleistungsbranche vernichte massenweise Arbeitsplätze, haben Studien bisher nicht bestätigt - dem stimmt auch der Gewerkschafter Oliver Suchy zu. Er leitet beim DGB das Projekt "Zukunft der Arbeit". Die Flexibilisierung birgt aber auch Risiken, sagt er.
Führt die Digitalisierung zu sozialer Ungleichheit?
Wie trägt die Digitalisierung zur Spaltung des Arbeitsmarktes bei und führt so zu mehr sozialer Ungleichheit? Das fragen wir den Ökonom Marcel Fratzscher. Er sieht in der wachsenden Ungleichheit in Deutschland ein massives Problem für die Zukunftsfähigkeit des Landes: Menschen, die in der unteren Hälfte der Gesellschaft lebten, hätten nicht die Chance, ihre Talente und ihr Potenzial auszuschöpfen. Und dieses Potenzial fehle dem Land letztenendes.
Fintechs laufen traditionellen Banken den Rang ab
Das Internet bietet viele neue Möglichkeiten, vor allem in der Geschäftswelt: Neue Konzepte drängen auf den Markt - und verdrängen unter Umständen die alten. So auch im Finanzgeschäft: Hier übernehmen sogenannte Fintechs, also junge, schnell wachsende digitale Unternehmen aus dem Finanzbereich immer mehr Aufgaben, die früher Sachen von Banken und Versicherungeen waren. Anja Dobrodinsky stellt eines dieser Modelle vor.
Crowdworker - die Menschen hinter dem Algorithmus
Click- oder Crowdworker gehören zur IT-Branche, aber sie sind keine Programmierer. Sie arbeiten für die ganz großen Online-Shops, aber von Zuhause aus. Ihre Arbeit ist unverzichtbar und dennoch verdienen sie manchmal weniger als einen Euro die Stunde. Und es sind hunderttausende Menschen weltweit. Kleine und kleinste Aufgaben erledigen sie im Internet, ihr Arbeitswerkzeug ist die Laptop-Tastatur - ohne sie würden viele Websites schlicht nicht funktionieren. Inforadio-Reporterin Julia Rehkopf hat sich mit den digitalen Tagelöhnern und ihren Arbeitgebern unterhalten.
Die digitalen Müllmänner
So schön die neue, digitale Arbeitswelt auch ist - sie gebiert auch ihr eigenes Prekariat - zum Beispiel digitale Müllmänner und Müllfrauen. Sie sollen das Netz von jenen Inhalten, Bildern und Texten reinigen, die wir nicht zu Gesicht bekommen sollen. Der Berliner Theaterregisseur Moritz Riesewieck hat diese digitalen Müllarbeiter getroffen: auf den Philippinen. Im Interview bei Oliver Rehlinger erklärt er, warum gerade Philippinos dafür prädestiniert sind und welche teils schwerwiegenden psychischen Folgen die Arbeit mit sich bringt.