Eine Wassersperre ist an der Donau in Regensburg eingerichtet.
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Interview - Ökogeographin: Müssen Flüssen wieder Raum geben

Hochwasser wie jetzt in Süddeutschland treten auch bedingt durch den Klimawandel immer häufiger auf. Deshalb wird über mehr Schutz vor Überflutungen diskutiert. Dämme seien an einigen Stellen berechtigt, sagt Ökogeographin Sonja Jähnig, doch vor allem müsse man Gewässern wieder mehr Raum geben.

Es sei zunächst wichtig zu wissen, dass Hochwasser in Flusslandschaften ein natürliches Ereignis seien, sagt Sonja Jähnig, die in Berlin beim Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) die Abteilung "Aquatische Ökogeographie" leitet. "Sie führen zu ganz einzigartigen, widerstandsfähigen Ökosystemen und wir brauchen sie auch."

Frisches Grundwasser und Biodiversität dank Hochwasser


Denn Flüsse und Hochwasser würden wichtige Funktionen erfüllen, etwa die Neubildung von Grundwasser oder die Biodiversität, betont Jähnig. "Dämme haben durchaus ihre Berechtigung bei Infrastruktur, wo viele Leute wohnen." Doch das sei nicht die einzige Lösung, es brauche vor allem großflächigere Maßnahmen in den Einzugsgebieten von Wohngebieten.

"Wir müssen einfach viel mehr in die Fläche gehen", sagt die Ökogeographin. Flüsse müssten aufgeweitet werden und wieder mehr Raum bekommen. "Wir müssen die Auen wieder an die Gewässer anschließen und sie nicht so strikt durch Deiche oder Wälle abtrennen." Außerdem würden Aufforstungen, Renaturierungsmaßnahmen und "Pufferstreifen" helfen.

Weniger Flächen versiegeln


Auch bei der Stadtentwicklung lasse sich vieles ändern, so Jähnig, "indem man mehr Versickerung zulässt und weniger neue Flächen versiegelt". Außerdem sei wichtig, nicht direkt in den Risikogebieten für Hochwasser neue Wohngebiete zu bauen oder zerstörte Siedlungen dort wieder aufzubauen.

Damit ein guter Umgang mit dem Thema gelingen könne, sei viel Kommunikation notwendig, sagt die Forscherin. Dazu müssten etwa die Kommunen und die Landwirtschaft in den Dialog gehen. Denn Hochwasserschutz sei eine Gemeinschaftsaufgabe und müsse als solche erkannt und angegangen werden.

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