Archivbild: Ein Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt demonstriert vor dem Beginn der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder mit einer Kettensäge. (Bild: picture alliance/dpa | Fabian Sommer)
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Interview - Arbeitsmarktexperte: Länder bei Tarifverhandlungen in der Zwickmühle

In Berlin, Hamburg und Bremen wird am Mittwoch im Öffentlichen Dienst gestreikt. In den Tarifverhandlungen befänden sich die Arbeitgeber in einer Zwickmühle, erklärt Dominik Groll, Arbeitsmarktexperte im Kiel Institut für Weltwirtschaft. Einerseits sei das Geld knapp, andererseits brauche es attraktive Löhne, um Fachkräfte zu gewinnen.

Mehrere Gewerkschaften haben für diesen Mittwoch einen Stadtstaaten-Streiktag angekündigt: In Berlin, Bremen und Hamburg streiken Beschäftigte im Öffentlichen Dienst der Länder. Sie fordern 10,5 Prozent mehr Lohn und eine Zulage von 300 Euro im Monat, weil das Leben in den Großstädten besonders teuer ist.

Die Forderungen seien angesichts der Preissteigerungen nachvollziehbar, sagt Dominik Groll, Arbeitsmarktexperte im Kiel Institut für Weltwirtschaft. Es seien zudem die gleichen Forderungen wie bei den Tarifverhandlungen mit Bund und Gemeinden vor knapp einem Jahr.

Personalmangel: Verwaltung muss produktiver werden

 

Die Länder befänden sich in den Tarifverhandlungen in einer Zwickmühle. "Zum einen würden deutliche Lohnerhöhungen die Haushalte der Länder vor Herausforderungen stellen", sagt Groll. "Andererseits dürfte sich aber der Personalmangel verschärfen, sollten die Lohnerhöhungen deutlich hinter denen in der Privatwirtschaft oder denen bei Bund und Gemeinden zurückbleiben."

Der Fachkräftemangel sei auf einem historischen Höchststand. Angesichts des demographischen Wandels brauche es neben Lohnerhöhungen auch andere Lösungsansätze: "Es muss irgendwie gelingen, die Arbeitskräfteknappheit zu kompensieren, indem Produktivität gesteigert wird", sagt Groll. Prozesse müssten weniger personalintensiv vonstatten gehen. In der Verwaltung biete die Digitalisierung dafür Chancen. "Das kostet natürlich am Anfang Geld", sagt der Arbeitsmarkexperte. Im Hinblick auf die nächsten Jahrzehnte werde sich die Investition aber lohnen.

Hintergrund

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Im Rahmen des Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst der Länder haben die Gewerkschaft Verdi, die Lehrergewerkschaft GEW, die Polizeigewerkschaft GdP sowie die IG BAU gemeinsam zu einem Warnstreik auch in Berlin aufgerufen.

Betroffen sind neben den Kitas im Eigenbetrieb sowie den Schulen auch die Senats- und Bezirksverwaltungen, Polizeidienststellen, Feuerwehren sowie forstwirtschaftliche Betriebe.

In bisher zwei Verhandlungsrunden gab es keine Einigung. Verhandelt wird bundesweit. Verdi fordert unter anderem 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens jedoch 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Für Auszubildende soll die Erhöhung 200 Euro betragen

Für Berlin, Hamburg und Bremen verlangen die Gewerkschaften zudem eine Stadtstaatenzulage von 300 Euro. Ein Angebot der Arbeitgeber gibt es bislang nicht. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 7. und 8. Dezember in Potsdam geplant.

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