In Charkiw wurde in der U-Bahn-Station Universytet Metro eine Schule eingerichtet.
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Interview - Unicef: "Kinder in der Ukraine sind ständig in Angst"

Damit Kinder wieder in die Schule gehen können, sind im ukrainischen Charkiw Klassenräume in einer U-Bahn-Station eingerichtet worden. Die Kinder lernen dort zwischen Luftalarm und Menschen, die zur Arbeit fahren - das sei sehr bewegend, sagt Unicef-Geschäftsführer Christian Schneider.

Christian Schneider hat vergangene Woche die Ukraine besucht. In der Millionenstadt Charkiw gebe es im Moment nur diese einzige Schule, wo Kinder vor Ort lernen könnten, erklärt er. "Für die Kinder dort und vielleicht noch stärker in den Orten, die noch näher an der Front liegen, ist seit über 600 Tagen und Nächten Kindheit eher ein Ausnahmezustand."

Sie müssten in ständiger Angst vor Luftangriffen leben. "Als wir jetzt in Charkiw waren, gab es an einem Tag zehnmal Luftalarm", sagt Schneider. Unicef und die Behörden würden gemeinsam versuchen, trotzdem Räume für die Kinder zu schaffen, wo sie zusammenkommen und betreut werden können.

Orte an der Front brauchen Winterhilfe


Zwei Dinge seien in der Ukraine gerade besonders nötig, meint Schneider. Das sei einerseits die humanitäre Hilfe für Gemeinden nahe der Front. Die Kinder müssten mit lebenswichtigen Gütern versorgt werden - gerade jetzt, da der Winter bevorsteht. "Das ist teilweise immer noch schwierig, aber wir können die Menschen erreichen", sagt er.

Das Zweite sei eine psychosoziale Unterstützung für die Kinder. "Ich glaube, diese Hilfe ist nach dieser langen Strecke im Krieg genauso wichtig - der Versuch, über Notunterricht ein bisschen Normalität herzustellen", sagt Schneider. "Man merkt den Kindern und auch den Müttern an, was sie hinter sich haben." Sie seien müde und voller Sorgen.

Unicef: Psychische Probleme bei bis zu 1,5 Millionen Kindern


Das Unicef-Team befürchte, dass bis zu anderthalb Millionen Kinder in der Ukraine psychische Störungen entwickelt haben, so Schneider. Das könnten etwa Angst- oder Schlafstörungen sein. "Wir versuchen, diese Kinder über Spiel- und Freizeitangebote zu erreichen", sagt er. "Und dann sorgen wir mit ausgebildeten Psychologinnen und Psychologen dafür, dass sie weitergehende Hilfe haben."

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