Süßwassergarnele Caridina
Bild: Naturkundemuseum Berlin

Kleine Tiere - ganz groß - Caridina clandestina

Diese aus Sulawesi/Indonesien stammende Süßwassergarnele war der Liebling unserer Hörerinnen und Hörer: Für keine andere Tierart erhielten wir soviele Namensvorschläge wie für die Caridina. Sie wird nun nach ihrer Art zu leben heißen, denn sie hält sich ausschließlich im Verborgenen auf: Caridina clandestina.

Die indonesische Insel Sulawesi ist bekannt für ihre einzigartige Fauna mit vielen nur dort vorkommenden Arten. Dies trifft auch auf die Süßwasserfauna zu, in den letzten Jahren wurden viele besonders farbenprächtige Arten von Garnelen und Schnecken aus den alten Seen der Insel beschrieben, die in der Aquaristik weltweit für großes Aufsehen gesorgt haben. Die Arten aus den Flüssen der Insel gelten dagegen als vergleichsweise 'langweilig' und sind entsprechend wenig beachtet worden. In einem entlegenen Hochtal (ca. 1130m) im zentralen Bergland der Insel, dem Napu-Tal, wurden bereits 2005 von Wissenschaftlern des Museums für Naturkunde Süßwassergarnelen der Gattung Caridina aus Flüssen und Bächen gesammelt. Die Gattung Caridina ist die artenreichste Gattung von Süßwassergarnelen überhaupt mit etwa 350 beschriebenen Arten. Die Tiere aus dem Napu-Tal wurden erst kürzlich gründlich bearbeitet. Dabei hat sich gezeigt, dass es sich um zwei neue nur dort vorkommende Arten handelt. In diesem Jahr wurde vom Museum eine weitere Expedition in das Tal durchgeführt und neues Material gesammelt, um die Ökologie und auch Farben der Tiere zu dokumentieren.

Dr. Thomas von Rintelen und Dr. Kristina von Rintelen vom Naturkundemuseum BerlinDr. Thomas von Rintelen, Kustos der Weichtiersammlung und Experte für Süßwasserschnecken am Naturkundemuseum und Dr. Kristina von Rintelen, wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Eine der beiden neuen Arten sticht dabei besonders heraus. Nahezu alle Arten von Caridina ernähren sich, indem sie mit ihren ersten beiden Beinpaaren, die zu Ernährungsorganen umgewandelt wurden, Algen und Detritus vom Untergrund abbürsten. Dazu haben diese beiden Beinpaare jeweils relativ kurze Borstenbüschel am vorderen Ende. Die noch unbeschriebene Art aus dem Napu-Tal hat nun sehr lange Borsten und bürstet nicht den Untergrund ab, sondern wedelt mit ihren ausgebreiteten sogenannten Fächerscheren durch das Wasser und sammelt so ihre Nahrung ein. Bisher ist diese besondere Anpassung nur von einer weiteren Art von Caridina aus einem der alten Seen der Insel bekannt. Nicht nur ist der Lebensraum der neuen Art aus dem Napu-Tal völlig unterschiedlich – kleinere Flüsse oder Bäche mit in der Regenzeit auch sehr trübem Wasser versus einem klarem, tiefen See –, die Art dort ist auch ganz unabhängig entstanden.

Caridina mit FächerscherenDie Fächerscheren sind die Besonderheit dieser Caridina-Art.

Ihre durch genetische Analysen ermittelte nächstverwandte Art ist die zweite Art aus dem Napu-Tal, die 'normale' Borstenbüschel besitzt. Damit sind beide Arten wohl aus einem gemeinsamen Vorfahren in dem entlegenen Tal entstanden. Sie kommen dort auch gemeinsam, also an den gleichen Orten, vor, wobei die Art mit den Fächerscheren eher im Hauptlauf des das Tal entwässernden Lariang-Flusses vorkommt. Abgesehen von den Scheren unterscheidet sich die Art mit den Fächerscheren kaum von ihrer Schwesterart, auch die Färbung mit kleinen Punkten und hellen Querstreifen ist sehr ähnlich. Wie alle nur dort vorkommenden (endemischen) Arten Sulawesis hat auch diese neue Art relativ große Eier, die sie am Körper trägt, bis dann schon weit entwickelte Jungtiere daraus schlüpfen.

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