Der Mensch im Netz (Bild: colourbox)

- Wer kontrolliert das Internet?

Ständig online sein - für das "Vernetzte ich" ist das eine Selbstverständlichkeit. Nur - in wessen Hände gebe ich da eigentlich meine Daten? Welche Regeln braucht es also, um die Macht über die Netzwerke zu beschränken. Michael Voß aus dem Hauptstadtstudio hat mit dem Netzpolitiker Thomas Jarzombek (CDU) sowie dem Richter und Mitglied der Digitalen Gesellschaft, Ulf Buermeyer gesprochen.

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Voß: Ein Richter, ein Politiker, beide sind Internetkenner: Ulf Buermeyer und Thomas Jarzombek. Bleiben wir gleich bei ihnen, Herr Jarzombek. Sie sind Bundestagsabgeordneter und sind so etwas wie der Internetspezialist auch in ihrer Fraktion. Wenn man so von außen auf den Bundestag guckt, hat man ab und zu den Eindruck: Da gibt es gar nicht so viele Abgeordnete, die auch wirklich Internetkenntnisse haben. Müssen Sie ihre Kollegen oft von ihren Themen Überzeugen?

Jarzombek: Ich glaube, in einer Demokratie ist Überzeugungsarbeit und Argumentation das Entscheiden und es ist schon richtig: Wir sind Spezialisten in einem bestimmten Themengebiet, also unsere Arbeitsgruppe. Das heißt: Der Bundestag hat einen von 23 Ausschüssen dem Thema Digitalisierung gewidmet und wir verbringen viel Zeit damit, mit unseren Kollegen aus den anderen Ausschüssen zu reden, zu argumentieren und zu überzeugen. Und ich bin jetzt nach drei Jahren mit dem Ergebnis auch durchaus zufrieden.

Voß: Herr Buermeyer, sie sind Richter. Das ist auch nicht unbedingt der Internetspezialist. Sie sind es aber. Welche Erfahrung haben sie denn mit der Politik?

Buermeyer: Natürlich gibt es in der Politik Internetexperten und ich habe ja auch jetzt gerade das Vergnügen, mit einem der Experten aus der Unionsfraktion zu sprechen – und mit ihnen natürlich. Aber es ist, denke ich, schon noch ein weiter Weg bis zu dem Punkt, wo man sagen kann: Wirklich alle Entscheidungsträger haben jedenfalls die Grundzüge dessen verstanden, was das Internet ausmacht.

Wie gut ist die Netzneutralität in Deutschland geregelt?

Voß: Nun nehmen wir das mal auf. Es nutzen fast alle das Internet, alle sollen darin auch gleich sein, das ist eigentlich der Grundgedanke beim Internet. Da gibt es das Stichwort "Netzneutralität". Da die Frage: Ist die in Deutschland gut geregelt? Was sagen sie als Politiker?

Jarzombek: Das Thema Netzneutralität ist auf der europäischen Ebene geregelt und das macht ja auch Sinn, weil sie bei ihren Angeboten, die sie aufrufen, heute gar nicht mehr wissen, ob der Server jetzt in Düsseldorf oder in Amsterdam steht. Die europäische Regelung ist deshalb hilfreich und sie sagt jetzt erstmal, das grundsätzlich alle Daten gleich zu behandeln sind. Es sieht darüber hinaus aber vor, dass es auch Spezialdienste geben darf. Ich glaube, das darf nur am Ende für solche Dienste passieren, wie jetzt ich sag mal zum Beispiel das "connected car", wo sie wirklich diese missionskritische Zeit brauchen. Und dann müssen aber auch alle Anbieter innerhalb einer solchen Diensteklasse gleich behandelt werden.

Voß: Vielleicht um das noch mal zwischendurch etwas genauer zu erklären: Es ist ja immer wichtig, dass man die Dinge, die man im Internet hat, ob es Videos sind oder ob es Bilder sind, über diese Kanäle durchkommen. Das muss man sich ähnlich wie eine Wasserleitung vorstellen. Wenn da ganz viel kommt an Video, hat es zum Beispiel ganz viele Daten. Dann braucht es länger, um durchzukommen, als ein einfaches Foto. Und nun muss entschieden werden, wem gibt man Vorrang – oder es muss nicht entschieden werden. Netzneutralität würde ja eigentlich heißen: alles kommt, wenn es da ist, sofort rein und es wird nirgendwo auf Vorwand geschaltet, also kein Video, was eher reinkommt. Wie sehen sie das, Herr Buermeyer, als Jurist?

Buermeyer: Ich denke, Herr Jarzombek hat einen ganz wesentlichen Punkt angeschnitten, nämlich dass, wenn man im Internet differenziert nach bestimmten Datenarten, dass es dann tatsächlich nach technischen Kriterien ablaufen muss und nicht danach zum Beispiel, wer für eine Überholspur im Internet bezahlt hat. Dann würde beispielsweise Google sagen: Wir buchen jetzt einfach 99 Prozent des Traffics. Das ist natürlich etwas polemisierend, aber das wäre so eine Schreckensvorstellung und dann wäre es zum Beispiel für kleine Startups nicht mehr so einfach möglich, Konkurrenz zu machen. Deswegen denke ich, hat er da auf einen wesentlichen Punkt hingewiesen. Wenn man das mal so ein bisschen in klassischen Kategorien abbilden will, halte ich die Netzneutralität im Grund für so eine Art Kartellrecht des 21. Jahrhunderts. Denn es geht im Wesentlichen darum, Wettbewerbsverzerrungen im Internet dadurch zu verhindern, dass man möglichst gleiche Regeln für alle schafft und Differenzierungen nur zulässt nach technischen Kriterien. Die allerdings halte ich auch für notwendig. "Connected Car" ist schon als Beispiel gefallen. Aber ganz plastisch gilt es auch für Internettelefonie-Anwendungen zum Beispiel, denn da zählt einfach jede Sekunde, oder Bruchteile einer Sekunde zählen schon, sonst stottert das Gespräch. Während es bei einer Webside keinen großen Unterschied macht, ob sie ein oder zwei Sekunden länger lädt.