Der Mensch im Netz (Bild: colourbox)

- Wer kontrolliert das Internet?

Ständig online sein - für das "Vernetzte ich" ist das eine Selbstverständlichkeit. Nur - in wessen Hände gebe ich da eigentlich meine Daten? Welche Regeln braucht es also, um die Macht über die Netzwerke zu beschränken. Michael Voß aus dem Hauptstadtstudio hat mit dem Netzpolitiker Thomas Jarzombek (CDU) sowie dem Richter und Mitglied der Digitalen Gesellschaft, Ulf Buermeyer gesprochen.

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Voß: Wie sehen sie das jetzt aus der Politik? Wer soll das künftig kontrollieren? Bleibt das weiterhin in den USA oder wird da irgendwas noch mehr internationalisiert?

Jarzombek: Das, wo man sich Sorgen machen kann oder was die Frage ist: Ob man möglicherweise Teile des Internets von anderen abtrennen kann. Da rede ich jetzt von Staaten wie Russland oder von China, wo natürlich eine andere Interessenslage darin besteht, auch technische Standards einzuführen, die Überwachungen ermöglichen und da muss man immer sehr vorsichtig sein, bei der Neuorganisation von Icon, worüber wir hier reden, dass da nicht der Einfluss von Staaten mit einem totalitären Blick zu groß wird.

Voß: Ist es nicht so, dass mittlerweile aus diesem Wissenschaftsnetz, was es ja ganz ursprünglich war, ein doch sehr kommerzielles Netz entstanden ist, wo man den Eindruck hat, Google beherrscht es eigentlich?

Buermeyer: Google hat eine extrem wichtige Gatekeeper-Funktion, Google ist quasi der Türhüter des Internet. Denn was nicht auf der ersten Google-Trefferseite erscheint, das findet im Internet de facto kaum noch statt. Das sind einige wenige Akteure, die tatsächlich weitgehend bestimmen, was wir im Internet wahrnehmen und sie haben damit einen enormen Einfluss bekommen auf die Meinungsbildung und man kann auch sagen auf den demokratischen Diskurs. Und deswegen halte ich es aus der demokratischen Perspektive für so problematisch, dass es bislang kaum gelungen ist, tatsächlich so etwas wie Rechtsdurchsetzung im Internet zu etablieren. Denn die entscheidenden Unternehmen haben typischerweise ihren Sitz in den Vereinigten Staaten, meistens in Kalifornien, und berufen sich dann darauf, dass sie im Grundsatz zum Beispiel dem deutschen Recht nicht unterworfen sind. Wenn ein Mensch in Deutschland auf Deutsch auf Facebook irgendetwas schreibt, das gegen das deutsche Strafrecht verstößt, dann können wir uns nicht darauf zurückziehen, dass wir sagen: Das ist eine amerikanische Firma und deswegen geben wir die Strafverfolgung auf. Bislang ist es so, dass Facebook leider nur sehr selektiv kooperiert. Es gibt Fälle, da klappt es sehr gut, es gibt aber leider auch viele Fälle, bei denen die Ermittlungsbehörden auf Granit beißen. Und das, denke ich, können wir auf Dauer so nicht hinnehmen. Was ich mir vorstellen könnte, wäre zum Beispiel eine Kontaktstelle von Facebook in Deutschland, an die sich deutsche Ermittlungsbehörden wenden können. Denn mal ganz ehrlich: Facebook unterhält ja Büros in Deutschland, verkauft zum Beispiel Werbung nach deutschem Recht und auf Deutsch. Und warum ist dort nicht ein Ansprechpartner verfügbar, zum Beispiel für die Polizei, um Auskunft zu geben darüber, wer einen bestimmten Beitrag geschrieben hat. Und das ginge ohne Gesetzesänderung, das muss man sich überlegen. Die notwendigen Gesetze, zum Beispiel das Telemediengesetz, haben wir schon. Es gibt diese Abfragemöglichkeiten, Facebook antwortet nur in vielen Fällen nicht. Und hier würde ich mir von der Politik den nötigen Druck auf Facebook wünschen, zu sagen: Liebe Leute,  ihr könnt euch hier nicht auf Irland oder auf Kalifornien zurückziehen, ihr arbeitet in Deutschland und ihr seid hier auch in der Verantwortung, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten.

Voß: Die Frage gebe ich gleich weiter. Wie sieht es bei ihnen aus?

Jarzombek: Ich glaube nicht, dass da ein Widerspruch ist, sondern wir haben ja jetzt einen relativ langen Weg gerade mit Facebook hinter uns, was das Thema Durchsetzung von deutschem Strafrecht betrifft. Und die Situation, als das Thema "Hatespeech" geradezu explodiert ist rund um das ganze Flüchtlingsthema, führte zunächst einmal dazu, dass die Reaktionszeiten extrem lang waren und auch sehr intransparent war, wie dann eigentlich entschieden wurde darüber, ob man Dinge löscht oder nicht löscht oder an Strafbehörden übergibt. Und da, muss man schon sagen, ist Facebook besser geworden, auch durch den Druck der Politik. Die Dinge werden jetzt schneller beantwortet. Man hat auch offensichtlich eine Task Force hier gegründet mit relativ vielen Leuten, die auch hier offenkundig in Berlin sitzen und diese Fälle eben beantworten. Die Schwierigkeit besteht natürlich darin, dass ich nicht gerne sehen möchte, dass eine private Organisation anfängt, darüber zu entscheiden, was ist rechtens und was nicht und Dinge einfach zu löschen. Das haben wir auch bei Google bei diesem "Recht auf vergessen werden", wo sie auch einen Anspruch stellen können, nach gewisser Zeit Dinge aus dem Index zu löschen. Ebenfalls passiert das extrem intransparent und die Möglichkeiten, sich als Autor eines Artikels dagegen zur Wehr zu setzen, sind sehr schlecht. Wir haben die Meinungsfreiheit in Artikel 5 Grundgesetz, die muss geschützt werden. Und deshalb ist es mir an dieser Stelle wichtig, dass Facebook lieber weniger als mehr löscht. Nur das, wo sie wirklich sicher sagen können, dass das also wirklich gesetzeswidrig ist. Und den Vorschlag mit der Ansprechstelle, den sollten wir aufnehmen. Ich habe das bisher als Problem noch nicht so identifiziert, dass die Strafbehörden da so einen schlechten Zugriff dazu haben, aber das wird etwas sein, dem ich mich sehr gerne anschließe. Denn ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass man hier auch mal in gewisser Hinsicht Exempel statuiert, damit diese Strafen auch eine abschreckende Wirkung haben.