Olaf Scholz wird mit dem großen Zapfenstreich verabschiedet
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100 Sekunden Leben - Respekt vor dem Hüftschwung

Es ist gerade ein großes Kommen und Gehen in der deutschen Politik. Beziehungsweise: umgekehrt. Olaf Scholz ist gegangen, am Dienstag kommt wahrscheinlich Friedrich Merz – als neuer Bundeskanzler. Und da findet es unser Kolumnist Thomas Hollmann tröstlich, dass bei seiner Vereidigung keine Musik läuft. Klingt ihm der Große Zapfenstreich von Montagabend doch noch ungut in den Ohren.

Ich liebe Soulmusik. Aber nicht mit Pauke und Querflöte und um damit Recht zu haben. Dafür ist Soulmusik nicht gemacht. Die soll in die Hüfte gehen. Aber der Scholz stand steif wie immer da.

Respect – den wollte er offensichtlich noch einmal für sich und seine Schläue einfordern, eine Bundestagswahl mit nur einem Wort gewonnen und erkannt zu haben, dass alle auf Respekt stehen: Malocher, Schwule, Rapper, Karrieristinnen, Ostler, Hausfrauen. One word fits all. Wird das von Olaf Scholz bleiben – ein Wort? Das wäre nicht viel.

Aber bei all der feuerfackelscheinenden Rammstein-Ästhetik habe ich mich gefragt, warum der Scholz überhaupt drei Stücke auswählen durfte. Ich meine, der hat doch gar keine ganze Amtszeit durchgehalten. Aber okay, zweieinhalb Stücke wären schwierig gewesen. Und die Beatles und der Bach sind mir auch egal.

Welche Lieder wohl Friedrich Merz bei seiner Amtsentlassung spielen lassen wird, außer dem Sauerland-Lied, mit dem es die Iserlohner Rockband "Zoff" zu einem gewissen regionalen Ruhm gebracht hat?

Sauerland, mein Herz schlägt für das Sauerland
Begrabt mich mal am Lennestrand
Wo die Misthaufen qualmen,
da gibt′s keine Palmen

"Highway to hell" von AC/DC wäre eine mögliche zweite Wahl, behauptet der Merz doch, früher ein bekannter Briloner Moped-Rocker gewesen zu sein. Und da Amtsentlassungen im Bendlerblock inzwischen vor allem der eigenen Legendenbildung dienen, kann man gar nicht früh genug damit beginnen, sich Gedanken um die Musikauswahl zu machen.

Hauptsache, der Mann lässt die Finger vom Soul. Denn bei allem Respekt vor noch zu erbringenden Leistungen, als Hüftschwungkanzler wird auch Friedrich Merz nicht in die deutsche Geschichte eingehen.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.