100 Sekunden Leben - Gelb, wohin das Auge blickt
Farben, wohin man blickt. Der Frühling pinselt Berlin und Brandenburg gerade kräftig an. Aber Kolumnist Thomas Hollmann hat eindeutig eine Lieblingsfarbe.
Ich freue mich immer schon zwei Kilometer vorher, eigentlich schon in Beelitz. Da weiß ich: noch ein paar Kurven und dann wird‘s gelb. Richtig gelb. Das ganze Feld bis zum Wald – gelb.
Da muss ich immer aufpassen, dass ich nicht vor den Baum fahre, weil ich die ganze Zeit nach rechts gucke. Auf dieses Gelb, das leuchtet, als scheine die Sonne aus der Erde. Aber es ist der Raps.
Diese Pflanze, die in ihrer extravaganten Erscheinung so gar nicht nach Brandenburg zu passen scheint. Ist Brandenburg doch vor allem grün. Gerade nochmal der Ginster ist gelb. Aber sonst nichts. Ja, es tupft hie und da mal rot und lila. Aber der Flieder ist auch schon wieder auf dem absteigenden Ast. Da lilat bald nichts mehr. Hoffentlich hält der Raps noch etwas durch - mit seinem Gelb.
Lässt das einen doch glauben, Brandenburg sei total impressionistisch. Sind die Bilder von Monet doch auch vor allem gelb. Ohne diese Farbe gäbe es Monet gar nicht – wahrscheinlich noch nicht einmal den Impressionismus.
Wobei das Brandenburger Rapsgelb schon etwas eckig daherkommt. Aber was soll der Bauer machen? Der kann mit seiner Sämaschine ja schlecht Pirouetten auf dem Acker drehen.
Und ich habe auch gar nichts gegen kantige Großflächigkeit und monochrome Landschaftsmalerei. Mich beeindruckt das, wenn es gelb anfängt und nicht mehr aufhört und der Wind durch die Farbe weht.
Wird das Gelb allerdings einfach in die Botanik geklotzt, dann freue ich mich nicht schon zwei Kilometer vorher drauf. Und das werden Sie sicherlich auch so sehen: Dem DHL-Paketzentrum in Ludwigsfelde, so gelb wie es ist, fehlt in jeglicher Hinsicht das Monet-hafte.