Ein Radfahrer steigt in einen ICE der Deutschen Bahn
IMAGO / Rüdiger Wölk
Bild: IMAGO / Rüdiger Wölk Download (mp3, 2 MB)

100 Sekunden Leben - Fahrplanänderung

Unser Kolumnist Thomas Hollmann will mit dem Zug verreisen - und sein Fahrrad mitnehmen. Dann ist er aber plötzlich von der Deutschen Bahn in helle Aufregung versetzt worden.

 

Die Mail kam vor einer Woche. "Guten Abend Thomas Hollmann", hieß es darin nicht unfreundlich. Dass ich die Deutsche Bahn schon zurückgrüßen wollte. Aber dann habe ich den Betreff gesehen: "Fahrplanänderung“.

Wie, Änderung? Ich habe mein Rad dabei. Da darf sich nichts ändern. Beim letzten Mal, als sich was änderte, war die Reise vorbei, ehe sie begonnen hatte. Denn der geänderte Zug hatte kein Fahrradabteil.

Die mitgemailte Reiseempfehlung der Deutschen Bahn lautete: 7.33 Uhr mit dem ICE 73 ab Gleis 3, Weiterfahrt in Hanau mit dem RE85 um 11.51 Uhr. Komisch, genauso habe ich es gebucht. Sollte die Bahn versuchen, mich psychisch zu destabilisieren, dass ich lieber zu Hause bleibe und das Ticket nochmal verkauft werden kann?

Eine Frage für die Service-Nummer der Deutschen Bahn: 2970. Tatsächlich hob jemand ab. Die Frau war sogar eine echte Frau und keine mit künstlicher Intelligenz.

"Kenn‘ wa", meinte die DB-Mitarbeiterin in vertrautem Ton.

"Wie, was kennen Sie?"

"Na, Fahrplanänderungen, die keine sind."

"Aha."

"Da hat sich wahrscheinlich das Gleis geändert."

"Und dann ändert sich gleich der ganze Fahrplan?"

"Genau."

"Die Gleise haben sich aber nicht geändert. Gleis 3 und Gleis 1."

"Dann die Abfahrtszeiten."

"Ne, die auch nicht – 7.33 Uhr und 11.51 Uhr weiter."

"Moment!"

11.51 Uhr stimme nicht mehr. Das sei jetzt 11.52 Uhr. Das stehe da auch: 11.52 Uhr. Ob ich noch eine weitere Frage hätte?

Hatte ich nicht. Weiß ich doch jetzt, dass Fahrpläne der Deutschen Bahn nur so lange gelten, bis sie warum auch immer geändert werden und dass der Dichter Matthias Claudius nicht mehr zeitgemäß ist. "Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen". Stimmt nicht. Vorher kann man leider auch schon eine Menge erzählen.