Interview - Psychiater Haller: Trump erfüllt alle Kriterien eines Narzissten
Donald Trumps erratischer Politikstil beherrscht wieder die Schlagzeilen. Der Psychoanalytiker Reinhard Haller ("Die Narzissmusfalle") sieht in Trump den klassischen Narzissten.
Es war eine Demütigung eines anderen Staatschefs, wie vor drei Monaten, als US-Präsident Trump im Weißen Haus den ukrainischen Präsidenten vor der versammelten Weltpresse beschimpfte: Diesmal behauptete Trump gegenüber Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, in Südafrika fände ein Völkermord an weißen Farmern statt. Der Faktencheck zeigt: Es gibt keinen Völkermord in Südafrika. Tatsächlich gibt es dort eine horrende Gewaltkriminalität - die meisten Opfer sind aber Schwarze.
Donald Trump ist der klassische Narzisst, sagt Prof. Dr. Reinhard Haller. Der Österreicher ist einer der bekanntesten Psychiater und Psychotherapeuten, hat das Buch "Die Narzissmusfalle" geschrieben, das Standardwerk über narzisstische Persönlichkeitsstörungen. Natürlich müsse man mit Ferndiagnosen vorsichtig sein, so Haller, aber:
Haller: Trumps Verhalten ist in hohem Maße narzistisch
"Bei Donald Trump kann man gar nicht anders, als darauf hinzuweisen, dass sein Verhalten in hohem Maße narzisstisch ist. […] Er ist extrem egozentrisch. Er ist in hohem Maße empfindlich […] und wie man jetzt im gegenständlichen Fall wieder sieht: Er entwertet Menschen. Er erfüllt somit also alle Kriterien, die herangezogen werden zur Feststellung narzisstischen Verhaltens."
Dahinter stecke die Psychologie des "einäugigen Königs", sagt Haller: "Dieser ist nur dann noch der Herr im Ring, wenn er lauter Blinde um sich hat." Solche Menschen seien im Prinzip Ich-schwach und voller Selbstwertzweifel, sagt der Psychologe, weswegen sie nach außen hin "diese Hülle brauchen, diese Bewunderungspflicht auslösen bei den anderen Menschen und diese niedermachen, damit sie mit ihnen nicht auf Augenhöhe sein können."
Psychologe: Jede Abweichende Meinung ist Majestätsbeleidigung
Ein klassisches Merkmal des Narzissten sei auch seine extreme Kränkbarkeit, so Haller: "Es heißt so schön: 'Gott verzeiht, aber niemals ein Narzisst.' […] Das sieht man ja bei Donald Trump, wie er eben reagiert auf jegliche Form von Kritik, wie jede andere Meinung als Majestätsbeleidigung betrachtet wird, wie Mitglieder an seinem Kabinettstisch lauter Ja-Sager und Speichellecker sind und dementsprechend Kritik überhaupt nicht zugelassen wird." So jemand lasse sich auch nicht beraten, weil er jede Meinung, die nicht seine eigene sei, als Konkurrenz betrachte.
Trump ist für ihn nicht geisteskrank, sondern eben persönlichkeitsgestört. Dass so jemand die USA führe, sei "im hohen Maße problematisch" und mache es anderen Staatschefs extrem schwer, mit ihm umzugehen. Auch wenn es paradox klänge, könne man solchen Menschen zunächst nur mit Anerkennung begegnen und dann "wie bei einem Drogensüchtigen die Droge – Bewunderung – ein Stück weit reduzieren. […] Wenn man ihm gegenüber mit Konfrontation auftritt, dann hat man schon verloren."