Interview - Zimmermann: Israels Regierung will weiter eskalieren
Israel hat seine Angriffe auf die Hisbollah im Libanon ausgeweitet. Diplomatie sei derzeit kein politisches Ziel der Regierung, sagt der Politologe und Historiker Moshe Zimmermann. Es gebe auch keine Strategie für eine Zeit nach dem Krieg.
Die Eskalation in Nahostkonflikt geht weiter. Nach dem Luftangriff auf Libanons Hauptstadt Beirut hat die Hisbollah-Miliz den Tod ihres Kommandeurs Ibrahim Akil bestätigt. Bei den Explosiionen von Pagern und Funkgeräten in der vergangenen Woche wuren mindestens 37 Menschen getötet und 3000 verletzt.
"Diese Angriffe Israels sind der Anfang einer Intensivierung und Eskalierung", meint der Politologe und Historiker Moshe Zimmermann von der Hebräischen Universität in Jerusalem. Auch mit einer möglichen Bodenoffensive müsse man rechnen. Gespräche, Verhandlungen und Diplomatie, um einen regionalen Krieg zu vermeiden, seien derzeit kein Teil der israelischen Politik. "Deswegen befinden wir uns in dieser Phase der Eskalation", sagt Zimmermann.
Zimmermann: Fortführen des Krieges ist für Netanjahu vorteilhaft
Einen weiter reichenden strategischen Plan gebe es nicht. "Was Israel jetzt beabsichtigt, ist ein Versuch, mit der Hisbollah abzurechnen", so Zimmermann. "Man hat am 7. Oktober versagt und man will jetzt zeigen, dass man abschreckend wirken kann." Hamas und Hisbollah vollständig zu eliminieren, sei aber unmöglich. Daher beschränke sich das Vorgehen auf das Ziel, die Miliz so hart wie möglich zu treffen. "Für die Zeit danach hat man eigentlich keine Strategie", sagt Zimmermann.
International werde Israel immer weiter isoliert, das nehme die Regierung aber in Kauf. "Die israelische Haltung ist trotzig, man ist noch immer unter diesem Schock vom 7. Oktober", so der Historiker. Für Regierungschef Benjamin Netanjahu sei es außerdem vorteilhaft, wenn der Krieg weitergehe. "Unter dem Deckmantel des Krieges kann man auch weiter Reformen, die Unterminierung der Demokratie betreiben", so Zimmermann. Deswegen seien auch die Positionen der internationalen Partner für die israelische Regierung "nicht besonders wichtig".