Interview - Kühnert (SPD): Kompromissfindung wird immer schwieriger
Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP ringt immer wieder um gemeinsame Lösungen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagt, die Gesellschaft werde immer vielfätiger. Das erfordere mehr Stressfähigkeit, wenn es um das Finden von Kompromissen geht.
Mit Blick auf den Parteitag der FDP am Wochenende, erklärt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, Parteien müssten sich von Zeit zu Zeit auf ihr eigenes Programm besinnen. "Aber die Botschaft an die FDP ist eben auch: Der Parteitag ist vorbei, ab heute regiert wieder die Wirklichkeit." Die alte FDP-Politik werde die Koalition nicht umsetzen können.
Die Ampel habe sich in der Koalition etwa den Bürokratieabbau gemeinsam vorgenommen. "Da haben wir zu viel. Wir haben zu viel Liebhaberei in kleinteiligen, nicht mehr anwendbaren Regelungen in Deutschland." Allerdings betont der SPD-Politiker: "Als Sozialdemokrat hört für mich der Bürokratieabbau dort auf, wo der Sozialabbau anfängt". Für die SPD sei es kein Bürokratieabbau, "wenn wir den Leuten den Lebensabend verhunzen, wenn wir anfangen das Streikrecht abzubauen und anderes mehr. Alles Forderungen, die am Wochenende bei der FDP erhoben wurden."
Kühnert: FDP muss zum klassischen politischen Kompromiss stehen
Kühnert warnt die FDP davor, "am Koalitionsvertrag rumzuknabbern". Die Ampelregierung habe sich vor zweieinhalb Jahren auf einen Kompromiss beim Rentenpaket geeinigt. Der beinhalte sowohl den Wunsch der FDP nach einer kapitalbasierten Rente als auch die Sicherung des Rentenniveaus bis in die späten 2030er-Jahre, was die SPD verlangt habe. Er verstehe nicht recht, warum der FDP-Parteitag am Wochenende ein Ende der abschlagsfreien Rente mit 63 gefordert hat.
"Unsere Gesellschaft wird vielfältiger, auch in ihren Meinungen". Das spiegele sich auch in den Parlamenten wieder. Immer häufiger werden demnach Koalitionen mehr Partner brauchen. "Das erfordert mehr Stressfähigkeit, wenn es um das Finden von Kompromissen geht", so Kühnert.