Interview - Seibeld (CDU): Politik darf nicht über Interessen der Mehrheit hinwegregieren
Zum 33. Mal feiern wir am Dienstag den "Tag der Deutschen Einheit". Die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (CDU), sagt, in Berlin seien Ost und West schneller zusammengewachsen als auf dem Land. Die Politik müsse gerade auf kommunaler Ebene mehr Demokratie erklären.
Die Wiedervereinigung wird in Ost und West noch immer unterschiedlich wahrgenommen. Wie eine ARD-Umfrage ergeben hat, fühlen sich 76 Prozent der Westdeutschen in erster Linie als Deutsche. In Ostdeutschland fühlen sich nur etwa 50 Prozent in erster Linie als Deutsche, 40 Prozent als Ostdeutsche.
Die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (CDU) sagt, der Umstand, dass es eine ost- und eine westdeutsche Sozialisation gibt, sei unstrittig. "Und das haben wir vielleicht im Begeisterungstaumel, im Freudentaumel, von 1989 und '90 übersehen, dass das Zusammenwachsen nach 40 Jahren eben schwieriger und komplexer ist, als man damals gedacht hat."
Seibeld: "Insgesamt glaube ich, dass wir Demokratie zu wenig erklären"
Berlin ist nach Ansicht von Seibeld sehr weit bei der Wiedervereinigung. In einer Großstadt, einem Stadtstaat, wachse man sicher schneller zusammen als anderswo. Grundsätzlich plädierte sie dafür, dass das Prinzip Demokratie mehr erklärt und gelebt wird. Jeder und jede müsse sich selber einbringen.
"Am Ende ist Demokratie etwas, das das Volk nicht nur mitgestalten darf, sondern mitgestalten muss", so Seibeld. Das gelte nicht nur bei Wahlen, sondern in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Bürger müssten aber auch erleben, dass sich Dinge tatsächlich verändern, wenn sie sich an ihre Wahlkreisabgeordneten wenden. "Zum anderen muss Politik eben aufpassen, dass man nicht über die Interessen und Wünsche der Mehrheit und die Sorgen der Mehrheit hinwegregiert", so die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses.