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Interview - FES-Studie: Mehr Menschen mit rechtsextremem Weltbild

Rechtsextreme Einstellungen haben in der Mitte der deutschen Gesellschaft zugenommen. Das zeigt eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Demnach ist der Anteil der Menschen mit einem klar rechtsextremen Weltbild von etwa drei auf acht Prozent gestiegen. Das sei ein "ganz deutlicher Sprung", sagt Mitherausgeberin Beate Küpper.

Alle zwei Jahre hört sich die Friedrich-Ebert-Stiftung in der Mitte der Gesellschaft um. Herausgefunden hat sie in der neuen Studie, dass dort rechtsextreme Einstellungen zugenommen haben. Es sei ein "ganz deutlicher Sprung", dass der Anteil der Menschen mit einem klar rechtsextremen Weltbild von in den Vorjahren etwa drei auf 8,3 Prozent gestiegen sei, sagt Beate Küpper. Die Sozialpsychologin an der Hochschule Niederrhein ist Mitherausgeberin der Studie für die SPD-nahe Stiftung.

Zusätzlich gebe es noch weitere 20 Prozent der Befragten, "die so in einem Graubereich sind, das heißt, die in Distanz zur Demokratie gehen". Man dürfe aber gleichzeitig nicht vergessen, dass es nach wie vor eine große Mehrheit gebe, die hart rechtsextremen Aussagen nicht zustimme und die das besorgniserregend finde.

Küpper: Diffuses Gefühl der Verunsicherung als eine Ursache

 

Als Ursache für die Entwicklung beschreibt Küpper zum einen die Vielzahl an Krisen, mit der die Gesellschaft zurzeit konfrontiert sei. "Tatsächlich ist es so, dass gar nicht so viele Menschen sich persönlich derzeit von der Krise betroffen fühlen." Deutlich mehr würden aber sagen, Deutschland sei betroffen. Es gebe also ein diffuses Gefühl der Verunsicherung. "Und wer sich verunsichert fühlt, der neigt dann auch eher dazu, schließend zu sein, der will keine Öffnung der Gesellschaft." Zum anderen könne man aber auch beobachten, dass rechtsextreme Akteure zurzeit gezielt versuchen würden, Hass und Hetze zu säen.

Was sich ebenfalls verändert habe: Mehr Menschen würden sich offen dazu bekennen, politisch rechts zu sein. "Wir haben eine neue Norm, was man jetzt nicht mehr nur denken, sondern auch sagen und handeln darf", so Küpper. Das sehe man an den hohen Zahlen von Hasskriminalität.

Politik in der Pflicht

 

Die Forscherin sieht zunächst die Menschen, die rechte Einstellungen vertreten, selbst in der Pflicht. Man stehe auch in der Verantwortung für seine politischen Auffassungen. Gleichzeitig sei die Politik in der Pflicht. Die müsse den Fokus mehr auf die vielen Menschen richten, die sich für die Demokratie einsetzen und durch den Rechtsextremismus angegriffen werden.

Hintergrund

Wie sind die Studienautoren vorgegangen?

Für die "Mitte-Studie" der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden alle zwei Jahre mit einer repräsentativen Befragung vor allem rechtsextreme Einstellungen untersucht. Als zentrales Merkmal des Rechtsextremismus definieren die Autoren "eine Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt beziehungsweise die Billigung von Gewalt zur Durchsetzung der Ideologie". Im Vergleich zu den Vorjahren werde der Vorwurf der beschnittenen Meinungsfreiheit von deutlich mehr Befragten geteilt, heißt es in der Studie. "Gleiches gilt für die völkische Forderung, unterschiedliche Völker sollten sich nicht
miteinander vermischen".

Die 2027 Teilnehmer einer Telefonumfrage durch das UADS Institut in Duisburg im Zeitraum vom 2. Januar bis 28. Februar dieses Jahres waren aufgefordert worden, sich zu bestimmten Aussagen zu positionieren, etwa ob sie eine Diktatur befürworten würden. Von der Gesamtstichprobe ausgehend liegt die Fehlergrenze nach Angaben der Autoren bei +/- 2,2 Prozent.

Der Aussage "Die regierenden Parteien betrügen das Volk" stimmten den Angaben zufolge 30 Prozent der Befragten zu - fast doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor. Mehr als verdoppelt hat sich demnach der Anteil derjenigen, die politische Gewalt billigen. Laut Studie liegt er aktuell bei 13,2 Prozent. Vor zwei Jahren vertraten 5,3 Prozent der Befragten diese Auffassung.

Zugenommen habe auch der Anteil der Befragten, der sich selbst rechts der Mitte verortet, heißt es in der Studie mit dem Titel "Die distanzierte Mitte". Während sich demnach aktuell 15,5 Prozent der Bevölkerung rechts der Mitte sehen, waren es bei der zurückliegenden Befragung lediglich knapp zehn Prozent - dpa

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