Interview - "Jeder Mensch, der von Gewalt betroffen ist, ist einer zu viel"
Laut Bundeskriminalamt gab es letztes Jahr 10 Prozent mehr Gewalt in Partnerschaften. Die Bundesinnenministerin stellt am Dienstag ein Lagebild dazu vor. Einfache Lösungen für das Problem gebe es nicht, betont Sama Zavaree von der Hotline für Frauen in Not. Es brauche mehr Geld für Frauenhäuser, mehr Prävention und eine Debatte über Machtverhältnisse.
Gewalt in Partnerschaften nimmt in Deutschland zu. Das zeigen auch Zahlen des Bundeskriminalamts. In den allermeisten Fällen sind Frauen betroffen.
Wenn das Zuhause kein sicherer Ort mehr ist, bieten verschiedene Einrichtungen Hilfe. Eine davon ist die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen BIG. Sie bietet unter anderem eine Telefon-Hotline für Betroffene an. Auch dort ist die Zunahme der Fälle spürbar, sagt Projekt-Koordinatorin Sama Zavaree. "Wir verzeichnen seit circa drei Jahren steigende Anrufzahlen."
Zavaree: Zuwachs an Frauenfeindlichkeit
Grund für diesen Anstieg ist laut Zavaree auch ein gesellschaftlicher Backlash. "Wir können wirklich sagen, dass es einen Zuwachs an Frauenfeindlichkeit gibt, es gibt vielmehr antifeministische Parolen." Es müsse deshalb über mehr über Machtverhältnisse und patriarchale Gewalt gesprochen werden. Laut Bundeskriminalamt geht die Gewalt in 78 Prozent der Fälle von Männern aus.
Auch Männer seien von Gewalt in Beziehungen oder im häuslichen Umfeld betroffen - allerdings seien auch hier die Täter meistens Männer. "Jeder Mensch, der von Gewalt betroffen ist, ist ein Mensch zu viel", sagt Zavaree.
Mehr Prävention und Geld für Schutzeinrichtungen nötig
Wegen der hohen Fallzahlen sind viele Frauenhäuser überlastet. "Wir müssen bis zu 350 Suchanfragen im Monat ablehnen", sagt Zavaree. Doch auch mit mehr Plätzen sei das Problem nicht gelöst. Es brauche auch mehr Präventionsarbeit, Arbeit mit Tätern und höhere Strafen.