Interview - Jugendforscher: Randalierer haben das Gefühl, nichts verlieren zu können
Nach dem Tod eines Jugendlichen durch den Schuss eines Polizisten entlädt sich der Frust der Jugend gegen den Staat in Frankreich. Ähnliches droht auch in Deutschland, sagt der Jugendforscher Simon Schnetzer und mahnt dringend, etwas zu unternehmen und auf die Jugendlichen zuzugehen.
Angesichts der Krawalle von vielen jungen Menschen in Frankreich, warnt der Jugendforscher Simon Schnetzer vor ähnlichen Situationen in Deutschland. "Die Ursache ist hier ein ganz starkes Gefühl von Ungerechtigkeit, gepaart mit einer Perspektivlosigkeit", sagt Schnetzer. Wenn man das Gefühl habe, nichts zu verlieren zu haben, sei das Verhalten auch egal - so denken Schnetzer zufolge viele Aufständische.
Gefühl von Ungerechtigkeit gepaart mit Perspektivlosigkeit
Viele Jugendliche, die randalierten, kämen aus prekären finanziellen Situationen und fragten sich: "Hört dieser Staat noch auf mich?" Wessen Interessen werden etwa von Polizisten in diesem Land gewahrt? Sich selbst sähen sie am Rand der Gesellschaft oder ganz außerhalb.
Szenario wie in Frankreich konkrete Gefahr
Schnetzer sieht gewisse Parallelen zur Silvesternacht in Berlin Neukölln und auch zur Corona-Zeit "als junge Menschen die Parks für sich wieder erobert haben, obwohl das nicht erlaubt war". Wir müssten daran arbeiten, dem "Gefühl der Destruktion" entgegen zu wirken. Wert und Selbstwirksamkeit zu erleben, sei für die Jugendlichen ein Ausweg aus den Gefühlen der Perspektivlosigkeit. Dafür seien "Brückenbauer" nötig. Ein Szenario wie in Frankreich sei nicht abstrakt, sondern eine konkrete Gefahr, sagt der Jugendforscher.