Wahlkampfplakate in der Türkei
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Interview - Türkischer Oppositioneller sieht "klare Wechselstimmung" in Istanbul

Die Türkei wählt am Sonntag. Die Opposition und die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdoğan lagen lange Zeit in Umfragen nahezu gleichauf. Mustafa Yeneroğlu, DEVA-Abgeordneter im türkischen Parlament, sieht hingegen eine klare Tendenz in der Bevölkerung gegen Erdoğan. Aber er hat auch ein Horrorszenario, das ihm Sorgen bereitet.

Der in Deutschland aufgewachsene Mustafa Yeneroğlu galt als Vertrauter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, bis er 2019 aus dessen islamisch-konservativer Regierungspartei AKP austrat. Als Grund nannte er unter anderem zunehmende Menschenrechtsverstöße. Vor drei Jahren war er Mitbegründer der konservativen DEVA-Partei (Partei für Demokratie und Fortschritt), die der Oppositionsallianz angehört.

Yeneroğlu sieht "klare Wechselstimmung" in Istanbul

 

Die Umfragen sahen lange Zeit Erdoğan und dessen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu gleichauf. Yeneroğlu schätzt die Lage anders ein: "Ich gehe davon aus, dass einfach eine klare Wechselstimmung da ist. Auf den Straßen in Istanbul sehe ich das sehr deutlich."

Sollte die Opposition die Wahl gewinnen, werde es wieder eine "demokratische Kultur" in der Türkei geben. "Die Grundsätze der Demokratie und Rechtstaatlichkeit müssen wiederhergestellt werden", sagt Yeneroğlu. "Erdoğan steht über dem Gesetz, über der Verfassung."

"Das wäre eine Horroszenario"

 

Erdoğan habe in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, dass er eventuell eine Wahlniederlage nicht akzeptieren werde, sagt Yeneroğlu. "Die Situation ist schwierig. Die Menschen auf der Straße haben Angst, dass der Präsident das Wahlergebnis nicht akzeptieren wird. Aber ich bin vorsichtig optimistisch, denn es gibt keine Alternative. Das wäre ein Horrorszenario, das ich mir gar nicht ausmalen möchte."

Mit Material der dpa

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