Interview - Ortszeit in Senftenberg: "Man muss Sorgen und Ängste besprechen"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seinen Amtssitz für drei Tage nach Senftenberg verlegt. Damit will er auch seine Wertschätzung für die Probleme der Menschen in der Region zeigen. Es sei genau der richtige Weg, mit ihnen vor Ort über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen, meint Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung.
Es gab sowohl Trillerpfeifen als auch Eierlikör gestern, als der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Senftenberg in der Lausitz über den Markplatz schlenderte. Drei Tage ist er dort, um mit Menschen zu sprechen, Präsenz zu zeigen.
Ortszeit heißt die Reihe, für die Steinmeier jeweils für mehrere Tage an verschiedene Orte in Deutschland reist. Senftenberg hat das Bundespräsidialamt ausgesucht, weil die Stadt mehrere Umbrüche hinter sich hat. Steinmeier sagte: dort könne lernen, wie Menschen mit Verunsicherungen umgehen.
Vehrkamp: Aus ostdeutschen Erfahrungen für die Zukunft lernen
Diese Fähigkeit der Menschen in Ostdeutschland, mit Umbrüchen umzugehen, werde noch immer nicht aureichend gewürdigt - das denken über zwei Drittel der Ostdeutschen laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. "Da müssen sich auch die Menschen in Westdeutschland nochmal hinterfragen, ob sie nicht aus den ostdeutschen Erfahrungen im Umgang mit Transformation für die Zukunft noch mehr lernen können", sagt der Demokratie-Experte Robert Vehrkamp.
Die Ortszeit des Bundespräsidenten sei genau der richtige Umgang, so Vehrkamp. "Man muss über die Sorgen und Ängste sprechen, man muss sie ansprechen, man muss sie artikulieren, man muss sie besprechen und man muss sie auch anerkennen." Diese Anerkennung werde deutlich, indem der Bundespräsident seinen Amtssitz für drei Tage in die von Umbrüchen stark betroffene Lausitz verlege und dort mit den Menschen spreche.