Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird nach seiner Ankunft in Senftenberg auf dem Marktplatz von Schaulustigen begrüßt.
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100 Sekunden Leben - Kaffeetafel kontrovers

Der Bundespräsident hat für drei Tage seinen Amtssitz verlegt: Bis Donnerstag noch amtiert er offiziell in Senftenberg in der Lausitz. Unsere Kolumnistin Doris Anselm hat viel Erfahrung im mobilen Arbeiten und gibt Frank-Walter Steinmeier ein paar Tipps.

Wie momentan überall in der deutschen Bürokratie läuft die Sache auf den Knackpunkt Digitalisierung hinaus: Wenn der Bundespräsident seinen Amtssitz verlegt für drei Tage: muss er dann drei Aktenschränke mitnehmen? Tatsächlich erklärt der Protokollchef des Präsidialamtes in einem Video, die Idee sei, Zitat: "dass wir ein Büro auch dort einrichten". Also in Senftenberg. Hmm!

Ich arbeite ja auch gern mal woanders ab und zu. Akten brauch ich nicht, trotzdem würde es natürlich viel pompöser klingen, wenn ich sage: "Die Autorin verlegt ihren Amtssitz für drei Stunden ins Café Dingsbums. Dort sucht sie das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern …" – ach nee, Moment, das ist ja immer gerade mein Problem im Café, dass ich mich da verquatsche, statt meine Amtsgeschäfte zu führen. Wobei das Verquatschen bei Frank-Walter genau die Idee ist, Zitat: "In Senftenberg möchte sich der Bundespräsident einen Eindruck davon verschaffen, was die Menschen bewegt".

Übrigens wurde für die Amtssitzverlegung extra die präsidiale Standarte umgehängt, dieses quadratische Bundesadler-Fähnchen, das anzeigt, wo der Präsident grad wohnt (und sein Büro hat). Ich weiß ja nicht. Es gibt doch garantiert auch in Senftenberg ein Café Dingsbums mit anständigem W-LAN. Seine Akten und seine Standarte dürfte Frank-Walter bestimmt mitbringen. Perfekt: Ein bürgernaher Arbeitsplatz, der außerdem noch Steuergelder spart. Es sei denn, der Kaffee in der Lausitz ist inzwischen so teuer wie in Berlin-Mitte, dann käme das eigene Büro billiger.

Und dann ist da natürlich noch die Sache mit der Sicherheit. Einer der präsidialen Ortstermine heißt unheilkündend "Kaffeetafel kontrovers". Würd’ ich von abraten, hatte ich schonmal. Seitdem steht für mich fest: Nie wieder verbinde ich mobiles Arbeiten mit Verwandtschaftsbesuch.