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Interview - Politologin: Extreme Rechte ist international und globalisiert

Anhänger des früheren brasilianischen Präsidenten Bolsonaro haben am Sonntag das Regierungsviertel der Hauptstadt Brasilia verwüstet. Vieles ähnelt dem Sturm auf das US-Kapitol vor zwei Jahren. Rechtsextreme Bewegungen seien global vernetzt und schauten sich vieles voneinander ab, sagt die Politologin Natascha Strobl.

Man könne den Eindruck gewinnen, dass Ausschreitungen wie in Brasilien am Wochenende oder in den USA 2021 nach einem Drehbuch ablaufen. Die extreme Rechte sei über soziale Medien international miteinander verknüpft, Sprach- und Ländergrenzen spielten daher immer weniger eine Rolle. "Die Sachlage ist tatsächlich so, dass man sehr viel voneinander lernt und sich sehr viel voneinander abschaut. Einfach aus dem Grund, weil man zu einem großen, globalisierten, extrem rechten Milieu gehört", sagt Strobl.

Strobl: Allianz aus Mob und Elite

 

Es gebe verschiedene Vorgehensweisen, aber ein Ziel: "Man versucht, die Demokratie immer dort, wo es geht, zu schwächen", sagt die Politologin. Man könne in vielen Ländern beobachten, wie durch Rechte das Justizsystem geschwächt und der Parlamentarismus angegriffen werde. "So wird das System von innen ausgehöhlt", sagt Strobl. Wenn rechte Regierungen um ihre Macht fürchten müssen, gebe es auch Ausschreitungen auf der Straße. "Hannah Arendt hat das die 'Allianz aus Mob und Elite' genannt - und das war eine Definition für Faschismus." Genau das könne man jetzt in Ländern wie Brasilien oder den USA beobachten.

Die Bewegungen könnten für die Demokratie sehr gefährlich werden, "weil es eine Dynamik annehmen kann, die niemand mehr kontrolliert", sagt Strobl. Dafür brauche die extreme Rechte keine Mehrheiten. "Es reicht auch, wenn ein paar Prozent so militant werden, dass ein friedliches Zusammenleben in einer Gesellschaft nicht mehr möglich ist."

Politik muss Krisen solidarisch lösen

 

Um dem entgegenzuwirken, müssten Verharmlosungen unterlassen werden, zudem müsse die Justiz entschieden gegen die Radikalen vorgehen. Die Politik habe die Aufgabe, Krisen solidarisch zu lösen. "Nur dann verhindert man die autoritären Lösungen", sagt die Politologin.