- Das neue Tor zur Museumsinsel

Am 18. Oktober wurde auf der Berliner Museumsinsel der Grundstein gelegt für die James Simon Galerie - das neue zentrale Eingangsgebäude, das künftig die Besucher empfangen soll. Barbara Wiegand berichtet.

Am 18. Oktober wird auf der Berliner Museumsinsel der Grundstein gelegt für die James Simon Galerie - das neue zentrale Eingangsgebäude, das künftig die Besucher empfangen soll. Doch das ist nicht die einzige Baustelle auf der Insel, denn schließlich wird sie mit samt ihren fünf Häusern seit Anfang des 21. Jahrhunderts saniert. Barbara Wiegand hat die Grundsteinlegung zum Anlass genommen, den Stand der Dinge in Sachen Museumsinselsanierung in Augenschein zu nehmen.

Auf schwierigem Terrain

Barbara Große-Rhode, beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung zuständig für das Projekt "Museumsinselsanierung", steht am Ufer und blickt hinunter auf den Kupfergraben, in dem Pumpen und Taucher dabei sind, die Grube für den Neubau auszuheben. "In diesem großen Schwimmbecken entsteht irgendwann - nicht irgendwann, sondern im Jahr 2017, die James Simon Galerie", sagt sie.

Noch steht hier alles unter Wasser, so dass der Grundstein nicht am Grund des neuen Gebäudes, sondern symbolisch und ganz trocken am Rand niedergelegt wird.

Dieses Wasser ist es auch, was alle Beteiligten Nerven - und den Bund als Finanzier der Baumaßnahmen auf der Insel auch einiges Geld kostet: knapp 99 statt der ursprünglich veranschlagten 71 Millionen Euro soll die James Simon Galerie jetzt kosten, weil der ursprünglich beauftragten Tiefbaufirma die problematischen Bodenverhältnisse im Kupfergraben über den Kopf wuchsen. Es handelt sich um Kolk, eine eiszeitliche Auswaschung die höchst problematisch ist, weil sie mit so genannter Mudde gefüllt ist. Mudde ist ein Schlamm Wasser Gemisch, das den Vorgang des Aushubs erschwert, bei dem die Erde von dem Grundwasser getrennt werden muss.

Verteilerhäuschen für die fünf Museen der Insel

Ein schwieriger Grund also, auf dem die nach dem Berliner Unternehmer und Museums-Mäzen James-Simon benannte Galerie entstehen soll - als - profan gesagt - Verteilerhäuschen für die fünf Museen der Insel.

"Die Grundsteinlegung ist ein historisches Datum", sagt Hermann Parzinger, Präsident der für die Staatlichen Museen zuständigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz. "Seit 1906 ist es nämlich die erste Grundsteinlegung nach derjenigen für das Pergamonmuseum selbst. Der Museumsinsel wird ein neues Gebäude hinzugefügt, das wichtige Funktionen zusammenfasst, die damals noch gar nicht bedacht wurden."

Denn niemand habe damals mit 3,5 Millionen Besuchern rechnen können - und die Tendenz sei nach wie vor steigend. Diese Besucher brauchen Führungen, Infrastrukturen wie Garderobe und Toiletten und vieles mehr. Das sei nur unzureichend in den einzelnen Häusern unterzubringen. Neben den praktischen Funktionen sind in der James Simon Galerie aber auch Sonderausstellungsflächen geplant, sowie ein Auditorium, so Hermann Parzinger.

Neue Zuwegungen

Das neue, vom britischen Architekten David Chipperfield entworfene Eingangsgebäude wird mit filigranen Säulengängen die Architekturen der Insel reflektieren. Und es soll die einzelnen Häuser miteinander verbinden. Über der Erde führt der Weg durch Kolonnaden zum Neuen Museum und weiter zur Alten Nationalgalerie. Unter der Erde über eine sogenannte Archäologische Promenade bis zum Bodemuseum an der Spitze des Eilands.

Doch das ist Zukunftsmusik - zurzeit buddeln noch die Bagger. Auch nebenan, vor dem Pergamonmuseum. Das 1930 eröffnete Haus wird nach Plänen Oswald Mathias Ungers abschnittsweise saniert und um einen Flügel und Eingangsbereich erweitert - voraussichtlich bis 2025.

Barbara Große Rhode
: "Konkret haben wir die Brücke über den Kupfergraben abgerissen die ja der Hauptzugang war - da wird später eine neue entstehen." Stattdessen führt jetzt der Weg ins Pergamonmuseum hinten rum - durch den Kolonnadenhof zwischen Alter Nationalgalerie und Neuem Museum. Noch sind Hauptattraktionen wie Pergamonaltar und Ischtar-Tor zu sehen. Im Nordflügel dagegen steht man vor verschlossenen Türen.
Mschatta-Fassade [SMB]
Mschatta-Fassade

Ein Rundgang zwischen den Kulturen

Auch hier geht es erstmal um die schwierige Gründung, erläutert Frank Röger vom Bundesbauamt. In den Kellergewölben werden später Depots entstehen. Darüber soll 2019 das Museum für Islamische Kunst einziehen. Derzeit noch recht beengt auf 1000 Quadratmetern im Südflügel untergebracht, freut man sich dort auf dreimal soviel Platz für die Präsentation der Sammlungen. Die Mschatta Fassade aus dem 8. Jahrhundert etwa soll künftig eine Station auf dem Haupt-Rundgang durchs Museum sein, der große Architekturen wie das Ischtar Tor, das Marktor von Milet oder den Pergamon Altar in einer Promenade vereint.

Ein Rundgang zwischen den Kulturen, der beispielhaft für das neue Ausstellungskonzept ist, erläutert Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst. Damit sollen kulturhistorische Zusammenhänger der Sammlung deutlich gemacht werden. "Und wir werden etwa im Übergangsraum versuchen, die Verbindung, die Geburt der neuen Kultur- und Kunstgeschichte aus der alten Antike zu zeigen", erläutert Weber.

So gelangt man später etwa vom Hellenistischen Saal aus ins Museum für Islamische Kunst. Einem Saal mit majestätischen Säulen, die allerdings während der Sanierungsarbeiten "eingehaust" sind - versteckt hinter Container artigen Kisten. Da wo zuvor die antiken Säulen den Blick nach oben zogen, fühlt man sich jetzt eher wie in einem großen Ikea-Lager.

Genauso könnte es ab dem nächsten Herbst im Pergamonsaal aussehen. Denn auch dort ziehen dann die Handwerker ein - und der berühmte Altar mit dem Fries wird verpackt - und erst nach drei Jahren wieder zu sehen sein. Nochmals Barbara Große-Rhode: "Im Pergamonsaal wird sich einiges tun. Jetzt ist die Atmosphäre ja ein wenig getrübt. Wir bekommen eine neue Tageslichtdecke. Auch die Wände werden neu gefasst, während der historische Fußboden erhalten bleibt."

Noch mehr als zehn Jahre Baustelle

Noch laufen täglich hunderte Besucher über diesen Fußboden - denn die Sanierung des Pergamonmuseums ist sozusagen eine Operation am Offenen Herzen - man baut, ohne das Haus zu schließen. In dieser Hinsicht hatte man es wohl bei anderen Baumaßnahmen auf der Insel leichter - der behutsame Wiederaufbau des Neuen Museums, die Sanierung von Alter Nationalgalerie und Bodemuseum - fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Vor sieben Jahren wurde das Bodemuseum wiedereröffnet - in seiner ganzen ursprünglichen neo-barocken Pracht. "Als ich herkam hatte ich den Eindruck im Schloß von Schlafröschen zu sein - ich war überwältigt. Die Architektur ist wie ein Fenster zur Vergangenheit", schwärmt Julien Chapuis, Leiter der Skulpturensammlung.

Mit lebendiger Leichtigkeit werden die oft schwergewichtigen Kunstobjekte hier präsentiert. Fast zum Anfassen, aber vor allem so, dass man die meisten von ihnen von allen Seiten betrachten kann. Doch trotz dieser Nähe zur großen Skulpturenkunst - oft ist man als Besucher allein in den Sälen und Kabinetten. Voll war es nur bei der Schau der "Gesichter der Renaissance" - eine Ausstellung vor allem von Gemälden

"Das Bodemuseum soll die Brücke zwischen den archäologischen Sammlungen und der Nationalgalerie schlagen. Allerdings fehlt in dieser Erzählung die Malerei, die immer noch am Kulturforum ist", so Chapuis.

Und dort wird sie wohl auch bleiben - denn vom Traum, Skulpturen und Altmeisterliche Gemälde im Bodemuseum gemeinsam zu zeigen, hat man sich inzwischen verabschiedet - aus Kostengründen.

Eine Vision gehört also der Vergangenheit an - die Mission Museumsinsel-Sanierung aber geht weiter. Noch mehr als ein Jahrzehnt wird die Welterbestätte Baustelle sein. Selbst in dieser Zeit aber wird die Museumsinsel ein Publikumsmagnet bleiben - für Berliner und Berlin Besucher.