- Fluggesellschaften ziehen erste Konsequenzen

Die Nachricht, dass der Co-Pilot den Germanwings-Airbus offenbar bewusst abstürzen ließ, hat zu ersten Konsequenzen geführt. Künftig soll sich kein Pilot während des Fluges mehr alleine im Cockpit aufhalten dürfen, teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Donnnerstagabend mit. Bereits einen Tag später wurde die neue Zwei-Personen-Regelung, die in den USA bereits seit langem praktiziert wird, auch für Deutschland eingeführt. Air Berlin, Condor und andere größere Airlines kündigten bereits an, das Vorhaben unverzüglich umzusetzen.

Neben deutschen Airlines kündigten auch Fluggesellschaften wie Easyjet, Norwegian und Air Canada an, dieses auch "Vier-Augen-Prinzip" genannte Vorgehen im Cockpit einzuführen.

Der ARD-Luftfahrtexperte Horst Kläuser kritisierte die Entscheidung indessen als "Schnellschuss unter dem Eindruck der Katastrophe". Wer tatsächlich solche kriminelle Energie in sich trage, lasse sich auch von einer zweiten Person im Cockpit nicht davon abhalten, sagte Kläuser im rbb-Inforadio. Er sprach sich allerdings dafür aus, Piloten nicht nur regelmäßig medizinisch zu untersuchen, sondern auch psychologisch.

Wie die "Bild"-Zeitung am Freitag unter Berufung auf französische Ermittlerkreise berichtet, müssen sich in den letzten Minuten vor dem Crash dramatische Szenen vor der verriegelten Tür des Cockpits abgespielt haben. Offenbar versuchte der aus dem Cockpit ausgesperrte Pilo vergeblicht, die hermetisch gesicherte Tür mit einer Notfall-Axt einzuschlagen.

Das Blatt berichtet weiter, der 28-jährige Copilot habe seine Pilotenausbildung für mehrere Monate wegen einer "schweren depressiven Episode" unterbrochen. Auch zuletzt sei er in regelmäßiger medizinischer Behandlung gewesen.

Co-Pilot ließ Airbus bewusst abstürzen

Wenige Stunden zuvor hatten die französischen Ermittler erklärt, der Copilot habe den Airbus mit 150 Menschen an Bord absichtlich zum Absturz gebracht. Der 28-Jährige - zu dem Zeitpunkt allein im Cockpit - habe die Maschine allem Anschein nach "zerstören" wollen und daher den Sinkflug "bewusst" eingeleitet, sagte am Donnerstag der Staatsanwalt von Marseille, Brice Robin. Derzeit gebe es keinen Hinweis auf einen Terroranschlag.

Weiter sagte Robin, es sei zunächst zu hören, wie sich die Besatzung im Cockpit ganz "normal" auf Deutsch unterhalte. "Dann hört man die Geräusche eines Sitzes, der zurückgeschoben wird, dann eine Tür, die sich öffnet und wieder schließt." Später gebe es "Geräusche, die darauf hinweisen, dass an der Tür geklopft wird, und zu diesem Zeitpunkt gibt es keine Konversation mehr bis zum Absturz".

Zu hören sind den Angaben zufolge am Ende der Audioaufzeichnung auch die Alarmsignale, die vor dem Aufprall auf der Erde warnen. Laut der Aufnahme habe jemand erst leicht und dann immer stärker gegen die Tür geklopft. Am Ende sei zu hören, wie jemand von außen versuche, die Tür einzuschlagen. Der eine Pilot verließ den Angaben zufolge das Cockpit, bevor die Maschine in den verhängnisvollen achtminütigen Sinkflug überging.

Die Passagiere haben nach Angaben des Staatsanwaltes erst sehr spät bemerkt, was passiert ist: "Wir haben erst in den letzten Momenten die Schreie aus der Kabine gehört."

Offen ist aber nach wie vor, warum der deutsche Co-Pilot die Germanwings-Maschine absichtlich zum Absturz brachte. In den letzten acht Minuten vor dem Zerschellen der Maschine gab es laut den Ermittlern zahlreiche Ansprachen vom Tower in Marseille, aber keine Antworten aus dem Flugzeug.

Lufthansa steht vor "riesigem Rätsel"

Auch die Lufthansa hat keine Erklärungen dafür, warum der Co-Pilot des verunglückten Germanwings-Airbus das Flugzeug offenbar absichtlich abstürzen ließ. "Wir haben keinerlei Erkenntnisse darüber, was den Co-Piloten zu dieser schrecklichen Handlung veranlasst haben könnte", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Donnerstag vor Journalisten in Köln. Über Motive könne nur spekuliert werden. "Wir stehen vor einem riesigen Rätsel."

Der Mann hatte laut Spohr seine Ausbildung 2008 begonnen und war seit 2013 Co-Pilot im Einsatz. In der Ausbildung gab es demnach vor sechs Jahren eine längere Unterbrechung. Danach sei seine Eignung aber noch einmal festgestellt worden. Spohr machte keine Angaben dazu, warum der Mann die Ausbildung unterbrach.

Spohr brachte sein Entsetzen zum Ausdruck. "Das macht uns fassungslos", sagte der Lufthansa-Chef. Er habe sich in seinen "schlimmsten Albträumen" nicht vorstellen können, dass sich eine solche Tragödie ereignen könne. Spohr sprach aber zugleich von "einem unglaublich tragischen Einzelfall". Er habe "absolutes und volles Vertrauen in unsere Piloten". Das Cockpit-Personal werde "sehr sorgfältig" ausgewählt.

Montabaur im Schockzustand

Der 28-jährige Co-Pilot stammte aus Montabaur in Rheinland-Pfalz. Wie SWR-Reporterin Eva-Maria Senftleben im Inforadio berichtete, ist das Medienaufgebot vor dem Elternhaus des Mannes riesig. Die Stadt befinde sich in einer Art Schockzustand. Man wisse über den Co-Piloten, dass er auch schon vor seiner Anstellung bei Germanwings ein leidenschaftlicher Pilot im lokalen Segelflugverein gewesen sei.

Dessen Vorsitzender habe ihr geschildert, dass für ihn die Tat unbegreiflich sei. Der 28-Jährige sei ruhig, umgänglich, "ganz normal". Über irgendwelche Probleme oder gar Depressionen sei nichts bekannt. 

Bundestag gedenkt der Opfer

Am Donnerstagvormittag hatte der Bundestag Opfer des Absturzes gedacht. "Wir trauern mit den Angehörigen und Freunden der Opfer", sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zu Beginn der Plenarsitzung. Die Hinterbliebenen gingen durch eine "unbeschreiblich schwere Zeit".

Bei dem Absturz in den französischen Alpen waren am Dienstag alle 150 Menschen an Bord getötet worden. Der Airbus A320 der Lufthansa-Tochter war auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf.

Zurück zur Übersicht

Die Tragödie von Flug 4U9525

Der "schwärzeste Tag in der langen Unternehmensgeschichte der Lufthansa und ihrer Tochterfirma" - so nannte Konzernchef Carsten Spohr den Absturz des Germanwings-Airbus am 24. März 2015 über den südfranzösischen Alpen. Fassungslosigkeit und Trauer wurden noch einmal verstärkt durch die Meldung, dass die Katastrophe vom Co-Piloten der Maschine absichtlich herbeigeführt wurde. Vier Monate nach dem Absturz der Maschine kommen hunderte Angehörige wieder zu einer Trauerfeier am Absturzort zusammen. Doch die Trauer wird überschattet vom Streit um Entschädigungen. Wir haben alle Informationen rund um den Absturz noch einmal für Sie zusammengefasst.