Der rbb in der Krise - Medienjournalist: Fall Schlesinger "die stärkste Krise des ÖRR"
Patricia Schlesinger ist nun auch als rbb-Intendantin zurückgetreten. rbb-Medienjournalist Jörg Wagner erklärt, welche Fehler sie gemacht hat, warum die Kontrolle im Haus versagt hat und wie groß der Schaden für den rbb und den gesamten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk ist.
Nach dem ARD-Vorsitz hat Patricia Schlesinger auch das Amt als Intendantin des rbb niedergelegt. Eine Folge der Vorwürfe um Beraterverträge, Dienstwagen, Bonuszahlungen, und den kostspieligen Umbau ihres Intendantinnen-Büros. Am Montag sollte sie dem Rundfunkrat Rede und Antwort stehen. Dem kam sie aber jetzt mit ihrem Rückzug zuvor.
Jörg Wagner ist Medien-Redakteur des rbb. Er hat die Vorwürfe an Patricia Schlesinger von Beginn an in seinem Medien-Podcast auf radioeins und auch im rbb24 Inforadio begleitet und kritisch beleuchtet. In seinen Augen hat Patricia Schlesinger vier wesentliche Fehler gemacht:
"Mangelnde Krisenkommunikation und falscher Ursachenbefund"
"Über eine lange Zeit hat sie Berufliches und Privates nicht richtig getrennt. […] Sie pflegte einen sehr kostenintensiven Arbeitsstil […]. Dritter Fehler: Brüskierung der Volksvertreter vor dem Brandenburger Hauptausschuss. […] Vierter Fehler: Mangelnde Krisenkommunikation mit einem völlig falschen Ursachenbefund – nämlich eine vermutete Medienkampagne aus dem Hause Springer."
Auch die Kontrolle im rbb selbst habe versagt. Wo und wie genau, sei im Moment nicht zu sagen, so Wagner, aber: "Man muss schon zur Kenntnis nehmen, dass die Compliance Stelle nur ein Anhängsel bei der Datenschutzbeauftragten war, […] mit so gut wie keinem Budget. […] Das zeigt, dass da gar keine Kapazität, kein Aufklärungswille im Hintergrund war für mögliche Konflikte."
"Potenzial, die Akzeptanz eines beitragsfinanzierten Rundfunks extrem zu senken"
Wie es nun mit Patricia Schlesinger selbst weitergehe, sei unklar. Auch eine hohe Abfindung ist nicht ausgeschlossen. "Das mag für Außenstehende befremdlich wirken", sagt Wagner, "ich nehme mich da nicht aus. […] Aber ich bin auch kein Arbeitsrechtler. So eine Vertragsauflösung ist immer ein juristischer Akt […] und ich weiß nicht, ob man den moralisch wirklich sauber bewerten kann. Weil Recht ist was anderes als Gerechtigkeit."
Wie auch immer die letztendlich ausgeht – der Schaden für den rbb und die gesamte ARD ist enorm: "Das ist die stärkste Krise, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerade durchmacht. […] Es gab immer mal ARD-Skandale, […] aber die Geschichte hier hat wirklich das Potenzial, auf ziemlich lange Zeit die Akzeptanz für einen beitragsfinanzierten Rundfunk extrem zu senken."