Schuhe in der Konservatorenwerkstatt der Gedenkstätte Auschwitz (Bild: rbb/ Maria Ossowski)
Bild: rbb/ Maria Ossowski

- Holocaust-Gedenken: Konservierung von Habseligkeiten

In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Auschwitz können die Besucher Fakten des Holocaust nachspüren. Margrit Bormann ist dort Konservatorin und sorgt dafür, dass die ehemaligen Habseligkeiten nicht zerfallen. Über ihre Arbeit hat sie mit Reporterin Maria Ossowski gesprochen.

Margrit Bormann stammt aus dem Erzgebirge und konserviert seit neun Jahren die letzten Habseligkeiten der Gefangenen und Ermordeten des Konzentrationslagers Auschwitz. Dazu gehören etwa Kleidung, Schuhe, Zahnbürsten, Prothesen, Briefe, Geschirr oder Koffer. Dabei geht es nicht einfach um Museumsstücke, hat Margrit Bormann beim Besuch der Konservatorenwerkstatt erzählt.

Man müsse bedenken, dass die letzten Augenzeugen, die in Auschwitz gefangen waren, in den nächsten Jahren nicht mehr da sein werden. "Was aber bleibt, sind eben diese Gegenstände, die Relikte des Lagers, die dann diese Funktion zu 100 Prozent übernehmen werden. Und das können sie nur, wenn sie erstens da sind, und in diesem entsprechenden Zustand auch erhalten worden", so die Konservatorin.

 

Arbeit in der Konservierung der Gedenkstätte Auschwitz

Schwierig sei es, bei der Arbeit die emotionale Distanz zu wahren, erklärt Bormann: "Ich muss gestehen, es gelingt mir nicht immer. Dann merke ich, ich muss jetzt mal in die Berge gehen oder in die Sauna oder Laufen, Rennen einfach, Sporttreiben, um dann den Druck, der sich vielleicht anstaut, wieder abzubauen." Ohne die Arbeit der Konservatorin wären viele Habseligkeiten zu Staub verfallen.

 

Schuhe der Gefangenen berühren viele Besucher

Besonders die Schuhe berühren viele Besucher. Margrit Bormann erklärt das so: "Wenn die Menschen auf der Rampe in Birkenau ankamen, ausstiegen aus den Zügen, hatten sie diese Schuhe an den Füßen. Sie sind dann in Richtung der Gebäude, der Krematorien und Gaskammern gegangen, wie sie zur Mehrheit nicht wussten, dass sie da getötet werden sollten, dass das Schicksal sie dort erwarten sollte."

Außerdem war es auch wichtig für die Insassen, welche Schuhe sie hatten. Denn oft schauten die SS auf die Füße, um nach nicht mehr einsetzbaren Häftlingen zu sehen. Verdeckten die Schuhe Wunden an den Füßen konnten diese "unter diesen Bedingungen Leben retten." Außerdem gibt es Berichte darüber, dass Gefangene mit den Schuhen unter dem Kopfkissen schliefen, damit ihnen diese nicht weggenommen werden konnten, erzählt die Konservatorin.

 

Trauern mit den Opfern

Zu Anfang ihrer Arbeit fiel es der Konservatorin schwer, mit den Schuhen umzugehen. "Ich merke dann, dass ich anfing, mich vor den Schuhen zu ekeln." Bormann konnte die Schuhe nicht anfassen, selbst wenn sie Handschuhe anhatte, erzählt sie. Sie ging in sich, um herauszufinden, was mit ihr passierte: "Dann merkte ich irgendwann, musste ich anfangen zu weinen und im Laufe dieses Prozesses habe ich realisiert, dass ich über diesen Dingen, wir Restauratoren nennen es Objekte, nie getrauert habe." Erst als sie das getan hatte, dass sie gelernt hat, mit der Arbeit umzugehen.

 

Die Arbeit in der Konservierung sei für Bormann Lebensinhalt. "Es gibt mir die Gewissheit, dass mein Dasein einen Sinn hat, dass das, was ich hier tue, einen Sinn nicht nur für mich hat, sondern auch für die Gesellschaft, auch für die Welt." Durch ihre Arbeit wolle sie auch dazu beitragen, dass sich die Geschichte nicht wiederholen könne.

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