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Seit Jahren hat die Friedensbewegung immer wieder vor der atomaren Gefahr gewarnt. Gemeint waren allerdings Atomraketen – keiner konnte ahnen, welche Katastrophe am 26. April 1986 über Europa hereinbrechen würde. Nach Explosionen im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl treibt eine radioaktive Wolke über Europa hinweg und sorgt auch in Berlin für Aufregung.
Während West-Berliner sich mit Konserven und Milchpulver eindecken und für unabhängige Strahlen-Messstationen protestieren, sprechen die DDR-Behörden von "plumper antisowjetischer Hetze" und beharren darauf, dass es sich um eine kleinere Havarie handele.
1986 ist auch Wahljahr in der DDR. Und wieder einmal übertreffen sich die Wähler – oder vielmehr die Wahlleiter – selbst. 99,94 Prozent aller Wahlberechtigten wählen die Nationale Front. Aber erstmals nehmen Bürger ihr verbrieftes Recht wahr, die Auszählung zu kontrollieren. Und stellen allein im Berliner Bezirk Friedrichshain so viele Nichtwähler fest, dass am Gesamtergebnis gezweifelt werden muss.
Im Westen sind vor allem kulturelle Debatten im Gange. Zum Beispiel über den Goldenen Bären der Berlinale für das Terroristendrama "Stammheim". Jurypräsidentin Gina Lollobrigida sorgt bei der Verkündung für einen Eklat. Und mit der Uraufführung von "Linie 1" im Gripstheater bekommt die Stadt endlich wieder ein zeitgemäßes Stück mit Lokalkolorit.
"Berlin - Schicksalsjahre einer Stadt", eine Chronik in 30 Folgen in Zusammenarbeit mit dem rbb Fernsehen.