Protest gegen Uploadfilter und die EU-Urheberrechtsreform in Berlin am 02.03.2019 in Berlin. (Bild: imago/ Stefan Boness)
Bild: imago/ Stefan Boness

- Voss zu Uploadfiltern: Risiko liegt bei Betreiberplattformen

Die einen fürchten das Ende des Internets wie wir es kennen, die anderen pochen auf verbessertes Urheberrecht. Nach großen Protesten gegen Leistungsschutzrecht und Uploadfilter im Netz kommt nun wieder Bewegung in die Sache und auch CDU-Digitalpolitiker zweifeln am Einsatz der Filter. Wir sprechen darüber mit Axel Voss (CDU). Er ist Mitglied im Rechtsausschuss des EU-Parlaments und hat die neue Richtlinie mit vorangetrieben.

Die Kritiken, die ihn erreichten, sind aus seiner Sicht unsachlich, sagte Voss. Das, worüber man sich aufrege, werde "nach seinem Gefühl eigentlich überhaupt nicht eintreten". Der private Gebrauch und die Verlinkung von Zeitungsartikeln seien weiterhin frei, sagte der CDU-Politiker. Wer aber als Leser Interesse an Netzinhalten habe, sollte diese auf der Webseite des jeweiligen Verlags lesen.

Voss: Risiko liegt bei den Betreiberplattformen
Das neue Leistungsschutzrecht sei keine Zensur, so Voss. Einzelne User könnten weiterhin Projekte, GIFs und Memes bearbeiten und hochladen - diese hätten als Ausnahmen vom Urheberrecht mit Artikel 13 nichts zu tun. Allerdings könnten eventuell nicht alle Ausnahmen erkannt werden. Voss sagte, das Risiko liege bei den Betreiberplattformen; er erinnerte daran, dass die entsprechenden Gesetze bereits existierten, dass sich aber nur wenig an diese gehalten würde.

Zur Kritik von unter anderem CSU-Digitalministerin Dorothee Bär sagte Voss, dass nur Geschäftsmodelle von Artikel 13 betroffen seien, die genau wüssten, dass sie geschützte Werke anderer auf ihren Plattformen nutzen. Es gäbe keine Verpflichtung für einen Uploadfilter. "Hier muss man im Grunde den Betreibern auch sagen: Das ist euer Risiko. Wenn ihr so ein Geschäftsmodell betreibt, dann müsst ihr auch sehen, wie ihr das am Ende einhaltet."

Hintergrund: So funktionieren Upload-Filter

Nach Paragraf 13 des geplanten Urheberrechts sollen in Zukunft die Plattformen dafür verantwortlich sein, Urheberrechte zu prüfen. Wie soll das passieren? Die unzähligen Inhalte können die Plattformen nur technisch kontrollieren - mit so genannten Upload-Filtern. Das sind Programme, die alle Inhalte scannen und mit Hilfe einer riesigen Datenbank feststellen: Hat jemand anderes ein Recht an diesem Video, der Musik oder dem Text? Dann verhindert der Filter das Hochladen.

Kritiker: Internet-Kultur in Gefahr

Kritik kommt von vielen Seiten: Die Gründer von Wikipedia schrieben einen offenen Brief. Die meisten Netzaktivisten sind dagegen, aber auch Wissenschaftler aus ganz Europa und der Bundesverband der Verbraucherzentralen sprechen sich gegen Upload-Filter aus. Sie sehen die Internet-Kultur in Gefahr.

Das grundlegende Problem bei Upload-Filtern: Computerprogramme können Ironie oder Satire nicht erkennen. Denn dafür muss man den Kontext richtig einordnen können. Deshalb sagen Kritiker, dass die Gefahr groß sei, dass Videos und Texte, die andere Werke satirisch aufgreifen, gesperrt werden. Unter anderem befürchten sie, dass Memes nicht mehr möglich wären. Für ein Meme nimmt man ein Bild oder eine Videosequenz - zum Beispiel aus einem bekannten Film - und erweitert das mit einem Spruch. Ein Upload-Filter würde darin wohl einen Rechteverstoß sehen und das Material sperren.

Außerdem sehen die Kritiker die Gefahr des Overblocking: Wenn die Plattformen bei Urheberrechtsverletzungen haftbar wären, würden sie - so die Vermutung - vorsichtshalber eher mehr als weniger löschen und somit auch legale Inhalte stoppen.

Und dann gibt es noch ganz grundlegende Bedenken: Durch Upload-Filter sei Zensur möglich. So fürchten der Wikipedia-Gründer, Jimmy Wales, und der Begründer des WWW, Tim Berners-Lee, in dem offenen Brief an die EU-Kommission "automatisierte Überwachung und Kontrolle". Einmal gesetzlich für alle Internetplattformen vorgeschrieben, könnte eine solche Technik das Filtern kritischer Stimmen vereinfachen.

Befürworter: Beschwerdestelle soll es richten

Die Befürworter halten dagegen, dass die Kontrolle angemessen und transparent sein solle. Außerdem meinen sie, dass die Plattformen in den meisten Fällen wohl Lizenzen für das urheberrechtlich geschützte Material erwerben würden, so dass es gar nicht zu Sperrungen kommen müsste.

Für strittige Fälle sieht der Entwurf eine Beschwerdestelle vor. Aber bis ein Fall entschieden wird, kann es dauern. Das ist ein Problem im schnelllebigen Internet, so Kritiker: Was zu spät online geht, wird nicht mehr gesehen und geteilt.

Es gibt bereits Upload-Filter - freiwillig

YouTube zum Beispiel hat bereits seit 2007 eine Art Upload-Filter. Der wurde dem Unternehmen aber nicht gesetzlich auferlegt, sondern ist ein Geschäftsmodell zwischen YouTube und großen Medienkonzernen aus der Film- und Musikbranche.

Rechteinhaber wie beispielsweise Sony können hier entscheiden, ob sie Videos sperren lassen oder an den Werbeeinnahmen beteiligt werden. Mehr als 100 Millionen Dollar hat YouTube nach eigenen Angaben in die Entwicklung des Filters "Content ID" gesteckt. Kritiker sagen: Wenn Filter für alle verpflichtend sind, zementiert das die Marktmacht der Internetriesen. Denn solche Kosten könnten neue Start-Ups wohl kaum stemmen.

(Quelle: tagesschau.de)