Die Tinder-Journalistin Mascha
Bild: rbb/Jenny Barke

- Tinder & Co.: Wie "erwischt" frau den Richtigen?

Für die Suche nach dem richtigen Partner vertrauen immer mehr Menschen auf Algorithmen. Denn das Geschäft Dating-Apps und Partnerbörsen im Internet boomt. Dennoch ist Berlin eine Stadt der Singles. Unter dem Pseudonym "Mascha" schreibt eine 32-jährige Journalistin für das Berliner Stadtteilportal "qiez" über ihre Erfahrungen in der Hauptstadt mit Dating-Apps wie Tinder.

Als "anfangs sehr skurril" bezeichnet Mascha die Art und Weise, jemanden online auszuwählen und ihn später zu treffen. Das galt vor allem für die Orte - "einmal traf ich jemanden im Auto, weil es bei ihm zuhause nicht ging und eine Bar uns zu langweilig war. Auch wenn das jetzt nach fiesem Parkplatz-Sex klingt, was es aber in diesem Fall nicht war." Genauere Details möchte sie zwar nicht nennen, aber - Zitat: "man macht bei Tinder eben auch manchmal Dinge, die mit Abenteuer zu tun haben. Und wir hatten beide Bock auf ein Abenteuer. Wir haben uns nicht nur unterhalten, sagen wir's mal so."

Bei Tinder - "nur Idioten und sonst nichts"?

Ihr erster Antrieb war aus rein privaten Motiven - nach einer gescheiterten Beziehung hatte sie "einfach Lust, das mal auszuprobieren". Der journalistische Aspekt habe sich dann eher im Nachgang entwickelt. Relativ schnell habe sie gemerkt, dass sich die gängigen Vorurteile - "da trifft man nur Idioten" - so nicht bewahrheitet hätten, und "dass man das auch sehr stark beeinflussen kann, was man da sucht, was man will und was man am Ende vielleicht auch findet."

Rose im Mund? Nein danke!

Probieren geht über studieren - jetzt geht's ans Tindern. Mascha erklärt, nach welchen Kriterien sie Männer aussucht. Wann wird nach links gewischt (heißt: Date - nein danke), und wann nach rechts (heißt: Date - ja bitte)?

Entscheidend ist der erste Eindruck. Nummer eins heißt Iwan und ist 32 - ihn "erwischt" es im wahrsten Sinne des Wortes kaltlächelnd nach links. "Das wäre jetzt einfach komplett überhaupt nicht mein Typ", so das vernichtende Urteil. Pech für Iwan, auch wenn's nicht an Haaren oder Brille liegt, wie Mascha versichert, aber offenbar an der Kombination aus beidem: "Der Look an sich ist einfach nicht mein Ding." - Nummer zwei fällt noch schneller durchs Raster. Auch wenn er eigentlich "ganz okay" aussieht, aber Rose quer im Mund und dann nur ein Bild im Profil, das geht überhaupt nicht. Auch er wird gnadenlos nach links gewischt.

Nur schneller Sex oder mehr?

Die Oberflächlichkeit dieser Partnerwahl ist Mascha immerhin bewusst: "Eigentlich will ich nicht so gesehen und bewertet werden und das genauso wenig mit anderen Leuten machen." Andererseits: sie verletze ja niemanden. Das Foto sei eine gute Möglichkeit, für sich selber zu sagen: Okay, der passt nicht zu mir.

Was ist mit der gängigen Meinung, Tinder sei nur dazu da, nach schnellem Sex zu suchen? "Ja, das stimmt", gibt Mascha zu. Sie selbst habe dort "teilweise" nach Sex gesucht, und das machten auch viele andere Männer und Frauen, die sich da angemeldet haben. Negative Folgen könnten nicht ausbleiben: Man stumpft ab und "so'n paar Emotionen gehen dabei sicher verloren". Aber es schaffe auch einfach "Raum, um sich auszuprobieren."  

Und wo bleibt der Datenschutz?

Ein Foto, intime Details, sexuelle Präferenzen - so ganz ohne ist das ja nicht, was man bei Dating Apps von sich preisgibt. Sie schreibe nur "das Allernötigste" in die Informationen - aber viele andere sind sogar mit ihrem Instagram-Profil gekoppelt und verraten da erstaunlich viel: wo sie gerne hingehen, was sie gerne machen.

Natürlich achtet sie bei Kontakten darauf, nicht ihre Telefonnummer, Adresse oder ihren Arbeitsplatz zu verraten. "Aber ich glaube, wenn man sich mit dem Thema wirklich zurückhalten will, dann darf man sowas bei den meisten Datenbanken gar nicht machen."

Wichtig sei, sich nicht nur auf Dating-Apps zu beschränken. "Das wäre mir dann auch ein bisschen zu traurig." Bei aller Online-Affinität dürfe man es trotzdem "nicht verlernen, das auch draußen vor der Tür hinzukriegen, statt sich nur noch hinter seinem Smartphone zu verstecken." Denn am Ende müsse man die Person ja trotzdem live treffen. Auf die Dosierung komme es an - "da muss man sich selbst und die Realität ein bisschen im Blick behalten."

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