- Berlinale Wettbewerb: Don't Worry, He Won't Get Far on Foot

"Don't Worry, He Won't Get Far on Foot" (Mach Dir keine Sorgen, weglaufen geht nicht) ist der sarkastische Witz eines Rollstuhlfahrers über sich und andere Querschnittgelähmte und der Titel von Gus van Sants Wettbewerbsfilm über einen US-amerikanischen Cartoonisten, der seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt. Barbara Wiegand hat sich den Film angesehen.

Nach Filmen über den russischen Schriftsteller Sergei Dovlatov und Romy Schneider geht es in "Don't Worry, He Won't Get Far on Foot" um die Lebensgeschichte des Cartoonisten John Callahan, der mit 21 Jahren schwer verunglückte, danach an den Rollstuhl gefesselt war und gezeichnet hat - mit spitzer Feder und einigem Sarkasmus, weder sich selbst und sein körperliches Handicap, noch andere mit seinem bissigen Humor verschonend.

Callahan, 2010 an den Folgen einer Operation verstorben, zeichnete mit spitzer Feder und grober Strichführung, weil er seine Arme nur noch etwas bewegen konnte. "Don't Worry, He Won't Get Far on Foot" ist der Titel eines seiner Cartoons und auch seiner Autobiographie, die Gus van Sant nun zur Grundlage des Films macht.

In Rückblenden erzählt er die Geschichte eines jungen Mannes und seiner Vorliebe für schräge Witze und Alkohol, der sich besoffen zu einem Besoffenen ins Auto setzt und erst im Krankenhaus wieder aufwacht - gelähmt - in einem anderen Leben. Er ist gefesselt an den Rollstuhl und, noch mehr als vor dem Unfall, an die Flasche, auch wenn er sie wegen der Lähmung kaum noch halten kann. Betreut wird er vom jungen Hippie Donny, geliebt von Annu, der Chef-Stewardess, die für den rollenden Rüpel die reichen First- und Business-Class-Flieger abblitzen lässt und schließlich wird er irgendwie aufgefangen in einer unglaublich bunt besetzten Selbsthilfegruppe. Eine dicke Redneck-Proletarierin, eine Upperclass-Hysterikerin, ein dichtender Stricher und ein Frauenhasser eröffnen ihm verschiedenste Schicksalsperspektiven. Mancher Seelen-Striptease wird hier ad absurdum geführt, und man kann gut und gern auch mal mit John über sich selbst lachen.

Nur diese Komik liegt zu oft zu nah am Kitsch: der Chef der Anonymen  Alkoholiker Gruppe, der sich Jesusgleich als Heilsfigur inszeniert und seine Schützlinge als Ferkel tituliert, erzählt dann tränenden Auges, das es bald mit ihm zu Ende geht. Johns Mutter, die ihn gleich nach der Geburt weggegeben hat und ihm später als verklärte Vision erscheint - Gus van Sant überschreitet allzu oft die Grenze zwischen Komik und Kitsch, zwischen anrührend und rührselig. Seine Geschichte zerfasert in zahlreichen  Rückblenden, entwickelt keine Dynamik, sondern kreist recht Klischee beladen um die beiden Handicaps Lähmung und Alkohol. Und Joaquin Phoenix als John Callahan bleibt recht konturlos. Richtig witzig wird es nur, wenn die Original Cartoons in Spiel kommen, was zeigt, dass uns Gus van Sant die raue Originalität des John Callahan nicht wirklich nahe bringt. „Don’t worry he won’t get far on foot“  ist ein ganz unterhaltsamer, aber verglichen mit anderen Wettbewerbsfilmen, ein recht schnell vergessener Beitrag.

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Berlinale Palast mit Lichteffekten
imago/STPP

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