La Prière | The Prayer © Les films du Worso / Carole Bethuel
La Prière | The Prayer | Bild: Les films du Worso / Carole Bethuel

- Berlinale-Wettbewerb: The Prayer und Figlia mia

Auf der Berlinale gab es am heutigen Sonntag den dritten Wettbewerbstag – und der begann sehr religiös. Barbara Wiegand stellt zwei Wettbewerbsfilme vor, die ihr nicht beide gefallen haben.

Sonntag – das ist Zeit für die Kirche – dachten sich wohl die Programmacher der Berlinale und setzten Cédric Kahns Film "La Prière" das Gebet auf Platz eins des Wettbewerbstages.

La Prière

Dieses Morgengebet entführt den Zuschauer in die französischen Alpen in ein einsam gelegenes Haus, in dem unter dem Mantel der katholischen Kirche einige junge Männer versuchen, von ihrer Drogensucht loszukommen - darunter der 22-jährige Thomas. In der rauhen Landschaft wird viel gebetet, viel gesungen und gearbeitet. Ein dick aufgetragenes ora et labora - anstatt eines ernsthaften Versuchs, sich den jungen Menschen wahrhaftig anzunähern.

Statt dessen wird alles gönnerhaft zugekleistert mit belehrenden ja indoktrinierenden Sprüchen - inklusive Wunderheilung. Einer der unglaublichen Höhe-, besser gesagt, Tiefpunkte des Films ist die Begegnung des Thomas mit einer von Hannah Schygulla unangenehm verklärt gespielten Nonne. Obwohl er alle Psalme auswendig kann, glaube er nicht wahrhaftig. Das wirft sie ihm vor und ohrfeigt ihn - ein Schlag ins Gesicht all derer, die unter solch reaktionären, gewalttätigen Erziehungsmethoden im Namen der Kirche leiden mussten.

"La Prière" ist ärgerlich, weil er den Kampf der jungen Leute gegen ihre Sucht so banalisiert, genauso wie das Engagement wirklicher Glaubensleute, genauso wie den Glauben überhaupt. Von Tag und Uhrzeit her mag der Film also zum Sonntag morgen gepasst haben – aber sonst hat dieser Film im Wettbeweb der Berlinale eigentlich nichts verloren.

Figlia Mia

Auch im zweiten Film des Wettbewerbstages "Figlia Mia" von Laura Bispuri spielt die Kirche eine Rolle. Sie gehört zum Leben auf Sardinien wo der Film abseits der Touristenströme in einem Fischerort spielt.

Die Kirche gehört zum Leben, genau wie dickbauchigen Fischer, die abends in der Kneipe trinken und gelegentlich ihre Frauen betrügen. Sie gehört dazu, wie das Rodeo, auf dem die junge Vittoria erstmals ihre Mutter trifft – ohne es zu wissen. Und doch mit einer Ahnung. Vittoria ist fasziniert von dieser Frau, die so anders ist als die Mutter, die sie aufzog. Sie ist wild ungebunden – aber auch unstet – am Rande der Gesellschaft lebend.

Behutsam nähert sich der Film den drei Frauen an, mit all ihrer Verlustangst, der Lebensfreude und Liebe. Einfühlsam auch das Spiel der Darstellerinnen – Figlia Mia – meine Tochter, ist dabei sicher kein großes Kino, lässt einen aber den ärgerlichen Einstieg in den Wettbewerbstag zumindest ein wenig vergessen.