Welche Strategien bestimmen den Wahlkampf? - Klopf, klopf – vom Türwahlkampf über hippe Spots

Wenige Monate vor der Bundestagswahl sind viele Bürger skeptisch. Längst nicht mehr alle glauben an die Rezepte der Parteien. Viele fühlen sich und ihre Probleme nicht ernst genommen. Die Politiker wiederum wollen sie von ihren Ideen überzeugen - und suchen auf allen erdenklichen Wegen den Kontakt zu ihren Wählern. Andrea Müller über Strategien im Wahlkampf.

"Katrin Göring-Eckardt von den Grünen, wir wollten Ihnen nur kurz was …" – "Hilfe, wer hat Sie denn reingelassen?"

Haustürwahlkampf kann mühsam sein. Katrin Göring-Eckardt, die Spitzenkandidatin der Grünen, hat es gerade erst erlebt. In Nordrhein-Westfalen: "Ich bin, was Haustür-Wahlkampf angeht, Konvertitin. Weil ich mir immer vorgestellt habe: Wie wäre das, wenn bei mir jemand klingelt, wenn ich endlich zuhause bin und nur Ruhe will. Und da hab ich gedacht, nee, das mach ich nicht, das ist ja furchtbar", sagt sie. Aber dann habe sie irgendwann damit angefangen, "und seitdem bin ich total überzeugt davon!"

Die Grünen sind nicht allein – alle Parteien suchen den persönlichen Kontakt. Es geht nicht ums Überzeugen, sondern ums Mobilisieren. Die eigenen Anhänger sollen auch wirklich wählen gehen. Das ist das Ziel. 

Zwei bis drei Minuten pro Tür müssen deshalb reichen. Nicht viel, wirkt trotzdem, sagt Robert Heinrich, Wahlkampfmanager der Grünen: "Wenn ich an einer Haustür klingele und dort überzeugend vermitteln kann, warum man diesmal die Grünen wählen sollte, dann ist das eine Begegnung, die die Leute nicht so schnell vergessen wie einen Facebook-Post oder einen Tweet oder auch eine Werbeanzeige."

Wer wählt welche Partei? - ein Überblick

  • Wer wählt die Grünen?

  • Wer wählt DIE LINKE?

  • Wer wählt die SPD?

  • Wer wählt die CDU?

  • Wer wählt die FDP?

  • Wer wählt die AfD?

Luftballons, Kugelschreiber, Marktplatzstand – das reicht nicht, meint auch die CDU. Sie schickt zwar nicht ihre Spitzenkandidatin Merkel von Haus zu Haus, Generalsekretär Peter Tauber aber geht mit gutem Beispiel voran. Tausende Ehrenamtliche und die Wahlkreiskandidaten sollen folgen, hofft Stefan Hennewig, der Leiter der CDU-Kampagne. Damit das besser läuft, haben einige Parteien eine App entwickelt. 'Connect17' heißt sie bei der CDU. Die Haustürwahlkämpfer können eintragen, wo sie waren und wo es sich lohnt.

Einge gute Performance ist fast alles

"Ich war jetzt hier in der Bahnhofstraße", erzählt Hennewig, "dort waren alle super freundlich, gutes Pflaster. Können wir nochmal hingehen!" Trotz der neu entdeckten Volksnähe - auch Internet und soziale Medien spielen eine zentrale Rolle im Wahlkampf. Videos, Fotos, knackige Botschaften – ein guter Auftritt auf Facebook oder Twitter ist Pflicht.

Robert Heinrich gerät ins Schwärmen. Zum ersten Mal haben die Parteien die Chance, ohne Werbebudget Massen zu erreichen, sagt er: "2009 im Wahlkampf hatten wir auf unserer eigenen Website etwa eine Million Aufrufe. Im Jahr 2015 hatten wir allein auf Facebook – und es war nicht Wahlkampfjahr – 36 Millionen Kontakte. Das heißt, es gibt eine regelrechte Explosion der Reichweite im Netz und das müssen die Parteien natürlich nutzen."

Grüne und SPD haben junge Computerfreaks zu Hackathons zusammengetrommelt, um Ideen zu entwickeln, die Aufmerksamkeit erregen in der multimedialen Gemeinde:  "Wir haben einen interaktiven Schulz-Zug, auf den Leute aufspringen können, den wir aber auch steuern können – und der  auf jeden Fall am 24.9. beim Kanzleramt  halten wird."

Der Schulz-Zug ist zur Zeit eher eine Lachnummer, doch an Benjamin und seinem Team hat es nicht gelegen. Eine gute Performance ist nicht alles, sagen Wahlforscher. Entscheidend sind am Ende immer noch die Inhalte.

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