10 Ideen - Das braucht Deutschland - Idee 7: Autorin Sineb El Masrar
Emanzipation und Selbstbefreiung - das sind die großen Themen für die Publizistin Sineb El Masrar. Die Tochter marokkanischer Einwanderer ist Herausgeberin des Frauenmagazins "Gazelle" und Autorin von Büchern über muslimische Frauen in Deutschland. Ihr letztes heißt "Emanzipation im Islam“ und ist eine Abrechnung mit deren Feinden. Die kämpferische Stimme einer deutschen Muslimin in der Inforadio-Gesprächsreihe "10 Ideen – das braucht Deutschland".
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Christian Wildt: Seien Sie gegrüßt hier. Wir leben doch sicher im freiesten Deutschland, dass es je gab, wer muss denn da befreit werden?
Sineb El Masrar: Na ja die Befreiung findet ja ganz oft sozusagen im eigenen kleinen Kosmos in der Familie, in der eigenen Community, durchaus auch in einer Gesellschaft statt. Also wir sind zwar frei, alle Möglichkeiten, die uns offen stehen in der Gesellschaft auch anzupacken, drauf zu zugehen, aber es gibt natürlich durchaus auch Beschränkungen innerhalb der Gesellschaft.
Christian Wildt: Kulturelle? Religiöse?
Sineb El Masrar: Kulturelle, aber auch Rassistische. Das muss man einfach auch heute immer noch benennen, dass Menschen, die dunkler pigmentiert sind, die eine andere Herkunft haben, vielleicht auch schlechter Deutsch sprechen, dass es da durchaus auch noch Vorbehalte gibt. Oder eben sichtbare Muslimin sind, also Frauen fallen ja, mit einem Kopftuch beispielsweise, eher auch auf, als eine Frau, die dann eben zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft gehört. Und das wirkt sich schon auch manchmal auf das Leben der Menschen aus und da gibt es dann eben auch so Vorbehalte, die wir dann auch in der Gesellschaft durchaus diskutieren müssen.
Christian Wildt: Kopftuch tragen Sie nicht. Warum nicht?
Sineb El Masrar: Ich finde die theologische Auslegung ist eine sexistische und das lehne ich ab. Ich trage ein Kopftuch, wenn es irgendwie praktische Gründe dafür gibt: Also es ist irgendwie unglaublich heiß oder ich putze oder ich koche, dann macht das für mich Sinn. Aber ich möchte mich einfach nicht ja bestimmen lassen, was meine Kleidung angeht. Weder von einem Modetrend noch von einer Religion, die mir sagt, wann ich eine gläubige Frau bin und wann nicht. Das ist ja dann doch eine Beziehung zwischen Gott und mir.
Christian Wildt: Sie entlarven dort Islamisten, sie versuchen Radikale zu entlarven, auch in diesen Islamverbänden. Andererseits kann ich mir vorstellen, dass die nicht sehr erfreut darüber sind. Vielleicht sind Rechtspopulisten darüber erfreut, dass Sie als Muslima dort kritisieren und quasi so eine Spaltung mit betreiben. Wie gehen Sie damit um? Werden Sie selber auch persönlich angefeindet?
Sineb El Masrar: Na ja als Spaltung sehe ich das gar nicht, ich sehe das eher als ein Aufrütteln, auf Missstände hinweisen, die einfach da sind und es liegt ja an den Kritisierten, sich damit auseinanderzusetzen. Umso früher sie damit anfangen, umso schneller haben wir das Thema auch vom Tisch. Das heißt, sie erhalten quasi diese Debatte, statt sie abzulegen, wie so eine Ablage, die dann ständig irgendwie da liegt. Man muss sie halt irgendwann mal abarbeiten. Und Rechtspopulisten kommen bei mir, in meinen Publik ationen ja auch nicht immer gut weg, also das ist ja das Interessante. Deswegen meinte ich ja vorhin, dass wir uns mit diesen populistischen Tendenzen, die es auch durchaus in ethnischen Gruppen gibt, eben auch auseinandersetzen müssen. Wenn wir uns anschauen, dass wir jetzt gerade eine Kundgebung in Oberhausen hatten, wo eben genau diese antidemokratischen Stimmen nochmal verbreitet worden sind und Türkeistämmige sich indirekt für eine Einführung der Todesstrafe einsetzen, für die Abschaffung der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit, aber hier letztendlich alle Rechte haben möchten und sie auch für sich in Anspruch nehmen, dann liegt ja irgendwas im Argen. Und da merken wir eben, dass Rechtspopulismus kein rein deutsches Phänomen ist, sondern in allen ethnischen Gruppen existent ist. Und das bedeutet eben, dass man auch diese Gruppen benennen und kritisieren darf und muss. Aber wie gesagt: Das ist eine Tendenz, die haben wir in ganz vielen Gruppen. Klar, es gibt diese Anfeindungen, aber eben auf beiden Seiten. Ich werde jetzt sowohl von Rechtspopulisten sehr arg angegriffen, die mir dann auch Unaufrichtigkeit durchaus unterstellen, dass ich quasi nur so tue als ob. Und von der muslimischen Seite, die einen natürlich immer als Verräterin irgendwie darstellen. Man bemüht sich, in den Gemeinden mein Buch zu verbieten, also sie sollen bloß nicht meine Dinge lesen. Da fühlt man sich schon fast ein bisschen erinnert an den Bebelplatz in den Dreißigern oder Hitler.
Christian Wildt: An Bücherverbrennungen?
Sineb El Masrar: Ja. Also wo man dann schon denkt: Irgendwie haben wir genau diese Faschismen eben in diesem Kopf von jenen, die sich immer als Opfer und diskriminiert wahrnehmen. Und das ist eben wichtig, da genau hinzuschauen. Ist es tatsächlich immer eine Frage der Ethnie oder ist es eine Frage der Haltung und Ausgrenzung und des Rassismus?
2 Kommentare
Einen sehr interessanten Artikel zum populares Thema. Es ist schon beeindruckend zu sehen, welche Entwicklung man hier in den letzten Jahren beobachten konnte.
Glückwunsch! Nachdem offenkundig Multikulti weltweit gescheitert ist und auch die USA kein Vorzeigeland mehr sind, da endlich ist man bereit, die Kritiker anzuhören. Wenn jetzt noch die Kritik ernstgenommen und nicht gleich als „Hass und Hetze“ diffamiert wird, dann kann man an einem gesellschaftlichen Konsens arbeiten, an Lösungen, mit denen alle auch zukünftig noch gut und sicher leben können. Freiheit kann sich nur im zuverlässigen Schutz von Recht, Gesetz und gesicherten Grenzen entfalten.