- Welche Rolle spielt der Platz im öffentlichen Raum?

Im Frühling erwachen die Außenflächen Berlins wieder zu neuem Leben, und es wird evident, dass die diversen Stadträume sich auch unterschiedlicher Beliebtheit erfreuen. Susanne Bruha ist deshalb am Beispiel Alexanderplatz der Frage nachgegangen, was einen öffentlichen Platz eigentlich zu einem Platz macht und wann sich ein Platz disqualifiziert.

Potsdamer Platz, Strausberger Platz, Alexanderplatz - es gibt ein paar Plätze in Berlin, die als Unorte wahrgenommen werden. Für die Architektin Barbara Hoydn ist der Alexanderplatz dabei besonders in der Krise, seien die Ansprüche an ihn doch besonders hoch: "Er war immer nur ein Knotenpunkt und nicht etwa ein Hauptplatz, wo sich städtisches Leben versammelt und zentriert. Aber als Knotenpunkt hat er Maßstäbe gesetzt."

Fehlende menschenfreundliche Erdgeschossnutzung

Noch zu Beginn des 19.Jahrhunderts war der damalige  "Ochsenplatz" vor den Toren der Stadt ein Viehmarkt, an dem regionale Handelswege zusammentrafen. Um 1900 war der Verkehrsknotenpunkt Alexanderplatz dann schon ein einladender Ort mit dem repräsentativen Kaufhaus Tietz und dem Berolina-Standbild als Platzzentrum. Diese Aufenthaltsqualität habe der Alexanderplatz mittlerweile verloren.

Genossen die Berliner früher hier ein schönes Stück Torte zum Kaffee gibt es heute nur noch Shopping. Wege unter Bäumen, neben Rasen, die auf anderen gestalteten Plätzen zum Flanieren einladen, gab es hier ja noch nie, für die Stadtraumexpertin Barbara Hoydn ist daher fehlende menschenfreundliche Erdgeschossnutzung, wie sie es nennt, der Knackpunkt am Alex: Es gebe keine Cafés, man kann nicht sitzen, sehen und gesehen werden - der Alex ist einfach kein Treffpunkt. "Es gibt keine Brunnen, auch keine Liegewiese mit Wasserspiel - Dinge, die eine gewisse spielerische Funktion haben."

Brunnen der Völkerfreundschaft?

Dem Brunnen der Völkerfreundschaft von Walter Womacka aus dem Jahr 1970 - wenn grad mal keine Buden auf dem Platz stehen, eigentlich der Miittelpunkt des Alex' -  traut die Stadtplanerin diese Funktion derzeit nicht zu - dazu fehlen bestimmte Rituale wie die Einladung, Münzen in den Brunnen zu werfen. Das helfe, einen Ort in den Alltag von Menschen einzubinden und ihn zu einem vertrauten Ort, einer Art Wohnzimmer zu machen, so Hoydn.

Der geplante Kollhoffsche Hochhausbau würde dem Alex mehr als gut tun, sagt die Stadtplanerin, mehr Dichte und hier wohnende Menschen könnten so ein Wohnzimmer aus dem Alexanderplatz machen.

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Stadträume

Der öffentliche Raum - er dient als Treffpunkt, als Ort der Erholung, der öffentlichen Meinungsäußerung, er prägt den Charakter einer Stadt. Wofür nutzen ihn die Bürger und wem gehört er? Wie ist er gestaltet, wie sollte er gestaltet sein? Welches Bild gibt er wieder von unserer Gesellschaft heute und wie sind unsere Visionen vom öffentlichen Raum der Zukunft. Inforadio begibt sich in dieser Woche auf die Spuren der Ausstellung "demo:polis – Das Recht auf öffentlichen Raum" in der Akademie der Künste und erkundet den öffentlichen Raum in der Stadt - mit Interviews, Beiträgen und Reportagen.