- Stichwort: Der Streit ums Bürgeramt
Schon Anfang der 1990er Jahre öffnete das erste Berliner "Bürgerbüro", ein Jahrzehnt später gab es in jedem Bezirk Ämter für die Bürger. Doch parallel zum Auf- und Ausbau dieser Standorte begann der Senat seine Sparpolitik - Christoph Reinhardt berichtet.
Dass die Bürger nicht von Amt zu Amt laufen müssen, sondern im sogenannten Bürgeramt aus einer Hand bedient werden, ist in Berlin eine noch recht junge Erfindung. Zwar öffnete das erste "Bürgerbüro" schon 1993 in Weißensee, andere Bezirke folgten peu à peu. Aber erst ein Jahrzehnt später hatte sich die Idee flächendeckend durchgesetzt, immer mehr Mitarbeiter kamen den Bürgern an immer mehr Standorten entgegen.
Parallel zum Auf- und Ausbau der Bürgerämter begann aber der rot-rote Senat seine Sparpolitik - und zwang die Bezirke zu massivem Personalabbau. 2004 hatten die Bezirke noch 44.000 Mitarbeiter, 2014 waren es nur noch 22.000. Neben der Ausgliederung der Kitas mussten die Bezirke überall kürzen - auch an den Bürgerämtern. Und in den letzten fünf Jahren gerade an den Bürgerämtern.
Bürgerzorn brachte Trendwende
Als hätten sich einige Bürgermeister abgesprochen im Streit um den Sparkurs von Finanzsenator Nußbaum, dünnten einige Bezirke dort, wo das Sparen auch dem Bürger wehtut, überproportional aus. Schafften die Wartemarken ab, bestanden auf ausschließliche Terminreservierung - so, dass der Mangel für alle offensichtlich wurde.
Ob geplant oder nicht: tatsächlich brachte der Bürgerzorn über monatelange Wartezeiten und den kommerziellen Terminhandel das Fass zum Überlaufen - und eine Trendwende. Der neue Finanzsenator stoppte den Sparkurs, bewilligte neue Stellen. Nicht nur 36 zweckgebunden für die Bürgerämter, sondern 400 weitere für die Aufgaben der Bezirke allein in diesem und im nächsten Jahr.