- "Jonathan": Schön, traurig und hoffnungsvoll

Reiner Veit hat sich in den letzten beiden Wochen Teile des Berlinale-Programms angesehen auf der Suche nach Filmen, die er ganz besonders ans Herz legen möchte. Zum Beispiel "Jonathan" von Piotr Lewandowski, der in der Berlinale-Reihe "Panorama" zu sehen ist.

Als Volker Schlöndorf dem Regisseur des Films "Jonathan", Pjotr Lewandowksi, 2014 einen Preis für dessen Drehbuch zu "Jonathan" überreichte, nannte er das Buch "riskant ... auch, weil es Wahrheiten zum Tod und Sex ausspricht, die gerne verschwiegen werden." Das gilt nun auch für den fertigen Film.

Gefühle zwischen ungeschönt und unversöhnt: Jonathan, Anfang 20, lebt mit seinem an Krebs - eher krepierenden, denn sterbenden - Vater Burghardt auf einem heruntergekommenen Bauernhof. Auch auf dem Hof lebt auch Burghardts Schwester Martha. Eine seltsame, abweisende Frau. Die beiden reden schon seit Jahren kein Wort mehr miteinander, und Fragen nach dem wie, weshalb und wieso, was den Tod von Jonathans Mutter vor vielen Jahren angeht, weichen beide immer und immer wieder aus. Sie können es nicht sagen, aber sie können es auch nicht verdrängen.

Irgendwann kommt Anka ins Haus, eine Pflegerin, die Jonathan hilft, weil es dessen Vater immer elender geht. Ankas resolute, offene, ehrliche und herzliche Art, ihre Freude am Leben - obgleich sie ja eigentlich nur mit Sterbenden zu tun hat - fasziniert Jonathan, der sich sofort in sie verliebt. Eine schöne, junge, freche und unschuldige Liebe.

Dann steht eines Tages ein für Jonathan fremder Mann auf dem Hof, Martha weiß sofort wer das ist, streitet mit ihm und jagt ihn fort. Er kommt wieder - er ist ein alter Freund aus lang vergangenen Tagen. Für Jonathan bleibt er ein fremder Eindringling während der sterbende Burghardt aufblüht.

Ganz langsam erfahren dann Jonathan und wir Zuschauer, was der gar nicht so Fremde mit Burghardt verbindet: eine alte, nie versiegte aber immer verhinderte Liebe, und wir erfahren, was beide mit dem Tod von Jonathans Mutter zu tun haben.

Kitschfrei, in schönen, stimmigen Bildern, zwischen dunkler Enge des Hofes und hellem lichten Krankenhausfluren erzählt Pjotr Lewandowskis Film seine Geschichte von verdrängen und nicht vergessen können, von unerschütterlicher und zerbrechlicher Liebe, von Hingabe und Verlangen. Und vom Tod. Und über ihn hinaus.

Bei der Vorführung hatte beim Abspann jeder nasse Augen und feuchte Taschentücher. Ein schöner, ein trauriger und hoffnungsvoller Film - mit wunderbaren Schauspielern - vor allem dem ganz großartigen André M. Hennicke als Burghardt, Jannis Niemwöhner als Jonathan und Julia Koschitz als Anka. 

 

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