- Ein Paar - zwei Meinungen

Selten waren die USA politisch so gespalten wie vor dieser Wahl - und das nicht nur im Großen: Teilweise zieht sich der Riss durch Familien oder gar Paare. So wie im Fall von Jessica Grounds und Wes McClelland: Sie ist Demokratin, er Republikaner - und beide sind es aus Überzeugung. Martina Buttler hat die beiden besucht.

Sie hat ein eigenes Unternehmen, das Frauen in Führungspositionen bringen will und sie war Chefin einer Organisation, die schon früh versuchte, Hillary Clinton zur Kandidatur zu bewegen. Jessica Grounds ist Demokratin durch und durch. Er war lange die rechte Hand eines der einflussreichsten republikanischen Politiker im Kapitol. Wes McClelland ist Republikaner bis in die Haarspitzen. Beide sind miteinander verheiratet. Beide sehnen den 8. November herbei: "Ich bin froh, wenn die Wahl vorbei ist - Ich auch.  Wir können es beide kaum erwarten, dass damit Schluss ist."

Politik ist ihr Leben und damit auch an ihrem Frühstückstisch und auf der Wohnzimmercouch ständig Thema. Sie reden sich die Köpfe heiß, streiten in der Sache und besonders bei diesem Wahlkampf werden ihre Diskussionen häufig ziemlich hitzig, erzählt die blonde langhaarige Jessica: "Wir haben kein Codewort, wenn’s heftig wird, um auszusteigen. Aber wir sind uns dann eben einig, dass wir uns nicht einig werden."

"Viele Trump-Anhänger sind nette Leute"

Wes beobachtet seine Frau mit einem Lächeln, während sie das erzählt. Er sagt, dass sie nach Jahren auch an der Körpersprache des anderen ablesen können, wenn’s langsam zu weit geht in einer Diskussion. Und trotzdem versucht er seine Frau immer wieder von Politikansätzen der Republikaner zu überzeugen und sie argumentiert engagiert für die Gegenkonzepte der Demokraten. Auch wenn Trump nicht Wes‘ Kandidat ist, kann er doch die Fans des Immobilientycoons verstehen. Er kennt sie: "Ich bin auf dem Land groß geworden und viele Leute mit denen ich zur Schule gegangen bin, sind Trump-Anhänger. Und das sind aufrechte Bürger, nette Leute, keine Rassisten. Sie sind nicht fremdenfeindlich. Donald Trump ist nur diese laute Stimme, die für sie sagt: mir gefällt nicht, wie sich dieses Land entwickelt oder was Hillary Clinton vorhat."

Er will trotzdem nicht für Trump stimmen, weil er dessen Werte nicht teilt. Für Clinton selbstverständlich auch nicht. Wes McClelland wird die Möglichkeit in Washington nutzen, einen anderen Namen auf den Wahlzettel zu schreiben und demjenigen seine Stimme zu geben. Wes hat die Wahl schon fast verloren gegeben und hofft, dass die Republikaner irgendwie noch die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat halten können. Und seine energiegeladene Frau Jessica kann schon sehr klar umreißen, worauf sich ihr Mann am Wahlabend einstellen kann, sollte Hillary Clinton die Wahl gewinnen: "Yes, yes, yes! Ich werde rumrennen. Er kennt mich. Ich werde schreien, weinen. Ich werde überall Poster haben und Konfetti."

Hoffnung auf die Rückkehr des Respekts

Als Ehemann gönnt ihr Wes diesen Triumph. Als Republikaner denkt er schon einen Schritt weiter: "Ich hoffe, dass das Gefühl was nach der Wahl bleibt generell ist: so werden Dinge in diesem Land entschieden. Wir müssen von hier aus weitermachen."

Und auch wenn sie immer wieder über Politik diskutieren und streiten – am Ende finden sie doch immer wieder einen Weg, Brücken zu bauen, dem anderen entgegenzukommen: "Ich denke wir sind im Kleinen ein Beispiel dafür, wie man trotzdem zusammenkommen kann, auch wenn man tiefgreifende Differenzen hat, die an den Kern der eigenen Werte gehen."

Und genau das, da sind sich die Demokratin und der Republikaner einig, erwarten sie von den Politikern, wenn die Wahl erstmal vorbei ist: Zusammenarbeit. Mit Respekt und im Streit höchstens um die besten Politikansätze.

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EPA

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