Reichsaußenminister Gustav Stresemann mit seinen britischen und französischen Amtskollegen Joseph Austen Chamberlain und Aristide Briand nach der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund (Bild: picture alliance/SZ Photo/Scherl)
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Geschichte - Andreas Rödder über Gustav Stresemann: "Ein Mann des Ausgleichs"

Wie wichtig ist eine starke politische Persönlichkeit, wie wichtig ist dabei ihr Charisma? Das wird gerade in Zeiten multipler Krisen intensiv diskutiert. Harald Asel geht dieser Frage im Gespräch mit dem Historiker und Präsidenten der Stresemann-Gesellschaft Andreas Rödder nach.

Gustav Stresemann war Reichskanzler in einer sehr fragilen Zeit während der Hyperinflation 1923. Nach drei Monaten wurde er zwar gestürzt, war aber anschließend als Außenminister das Gesicht eines veränderten Deutschlands. Er erreichte die Wiedereingliederung in den europäischen Nationenverbund nach der Niederlage des Ersten Weltkrieges.

Sein plötzlicher Tod 1929 signalisiert das Ende der Stabilität in der Weimarer Republik. Was lässt sich von der Persönlichkeit Stresemanns und seinem Handeln vor 100 Jahren für heute ableiten?

Darüber spricht Harald Asel mit Andreas Rödder, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz und einer der Präsidenten der Stresemann-Gesellschaft.

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Heute minus 100 - August 1923: Ein neuer Kanzler im Anzug

Inmitten der zahlreichen Krisen muss der bisherige Reichskanzler Wilhelm Cuno abtreten. Der neue Mann an ist ein Gastwirtssohn aus Kreuzberg, der seine Doktorarbeit über die Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts geschrieben hat – und der zu einem der berühmtesten Politiker der Weimarer Republik wird: Gustav Stresemann. Seine Aufgaben sind gewaltig, seine Macht wackelig. Stresemann geht die Dinge pragmatisch an. Er wandelt sich vom Anhänger der Monarchie und des deutschen Kolonialismus zu einem Realpolitiker und Aussöhner mit dem verfeindeten Frankreich. Und er wird zum Modeschöpfer mit eigenem Stil und eigenen Regeln. Wirklich erfolgreich aber wird er nicht im Amt des Reichskanzlers. Zum Star der Europapolitik wird Stresemann erst, nachdem er nach rund 100 Tagen wieder abtreten muss.