Volker Gerling blaettert ein Daumenkino unter einer Videokamera durch, per Beamer wird die Vorstellung auf eine Leinwand projiziert.
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Vis à vis - Wieso wandert man mit Daumenkinos durchs Land, Herr Gerling?

Seit 20 Jahren geht der Künstler Volker Gerling mit kleinen Daumenkinos auf Wanderschaft und ist dabei oft monatelang unterwegs. Was ihn an der eigentümlichen Kunstform fasziniert, erzählt Gerling im Gespräch mit Anke Burmeister.

"Für mich gibt es nichts Aufregenderes, als Menschen zu begegnen", sagt Volker Gerling. Gelegenheit dazu bietet ihm das Wandern. Seit 20 Jahren reist der Künstler zu Fuß durch das Land, dabei ein Bauchladen mit sechs Daumenkinos. Eine "Wanderausstellung" nennt er das.

Was ist das Faszinierende am Daumenkino, warum wird dort häufig so viel mehr sichtbar als bei Filmen auf der Leinwand oder auf dem Bildschirm? "Ich glaube es liegt daran, dass man unbewusst die Lücken zwischen den Bildern ergänzen muss", sagt Gerling. Dazu komme, dass man beim Daumenkino Betrachter und Verursacher in einem sei. "Ich glaube, dass es dazu führt, dass man den Personen, die man im Daumenkino sieht, sehr viel näherkommt als es beim normalen Kino der Fall wäre", sagt Gerling.

Gerling: Daumenkinos als Zeitreise

 

Seine Begeisterung für das ungewöhnliche Medium entstand während des Studiums an der Filmhochschule Babelsberg, erzählt der Künstler. In einem Dokumentarfilm von Heike Misselwitz habe er gesehen, wie die Bewohnerin eines Altenheims ein Daumenkino von sich selbst zeigte. "In den 1920er Jahren war es gar nicht so unüblich, dass man sich in spezialisierten Fotostudios in Form von fotografischen Daumenkinos porträtieren lassen konnte", sagt Gerling. Die Zeitreise, die das Daumenkino in dem Film ermöglicht habe, habe ihn bewegt.